Die Elektrifizierung in Deutschland schreitet voran – allerdings ziemlich schleppend. Das Kraftfahrt Bundesamt registrierte im Mai 2019 4.630 neuzugelassene Elektrofahrzeuge. Im Vergleich zu den insgesamt knapp 333.000 neu zugelassenen Fahrzeugen erscheint der Anteil an Elektroautos mit 1,4% verschwindend gering. Mögliche Gründe: Hohe Preise, mangelhafte Ladeinfrastrukur, Reichweitenangst. Doch wie sieht die Situation bei Elektrofahrzeugen für die Stadt aus? Schließlich sollten die Preise deutlich niedriger ausfallen, da keine großen Akkus verbaut werden müssen. Ladestationen wachsen inzwischen überall in der Stadt aus dem Boden. Und Reichweitenangst sollte aufgrund kurzer Wege im Stadtbetrieb ebenfalls keine Thema sein.
Vorhang auf für unsere vier Vergleichskandidaten: e.GO Life, smart EQ forfour, Renault ZOE sowie der erst kürzlich vorgestellte Seat Mii electric.
e.GO Life: Reduziert auf das Wesentliche
Das Unternehmen e.GO wurde erst 2015 gegründet und ist auf dem Campus der RWTH Aachen angesiedelt. Das Team zeichnet sich z.B. für den elektrischen StreetScooter verantwortlich. Dieser ist mittlerweile verbreitet für DHL bei der Paketzustellung im Einsatz. Nun hat e.GO also ein Fahrzeug für die Kurzstrecke vorgestellt. Herausgekommen ist ein Kleinwagen der, typisch für Elektrofahrzeuge, sehr Aerodynamisch gezeichnet ist. Der e.GO Life bietet auf 3,35 Metern Länge vier Sitzplätze, wobei die Sitze in Reihe zwei Dank cleverer Raumökonomie durchaus als vollwertig bezeichnet werden können. Ansonsten muss man in der Stadt relativ wenige Abstriche machen. Zwar ist der Life in der Basis recht karg ausgestattet, allerdings bietet die Optionsliste Extras wie Sitzheizung, Klimaanlage und LED Scheinwerfer. Zudem gibt es optional ein Multimedia-System mit Apple Carplay und Android Auto Unterstützung.
e.Go gibt für das Einstiegsmodell Life 20 (Spitzenleistung 20 kW) eine Reichweite von vorläufig 100km nach WLTP an. Die Topmotorisierung Life 60 kommt immerhin 145 km weit. Das sollte für die meisten Strecken innerorts ausreichen. Geladen wird der Life entweder an der 230V Steckdose oder über einen Typ2 Stecker, auch an der optionalen Wallbox. Preislich startet der e.GO Life bei 15.899€ für die 20 kW Motorisierung. Wer den Life mit 60 kW Motor (Life 60) haben möchte muss mindestens 19.900€ investieren. Für die empfehlenswerten Pakete “Innovation” (u.a. Infotainment und LED-Scheinwerfer) sowie “Komfort” (u.a. Sitzheizung und Parksensoren vorne & hinten) werden zusammen weitere 2600€ fällig. Die Auslieferung des Life 60 läuft gerade an, der Life 20 wird ab Herbst ausgeliefert. Ab Frühjahr 2020 bietet e.GO dann noch das Modell Life 40 an.
e.GO Life
Smart eq forfour: Der Klassiker in der Stadt
Wer an urbane Mobilität denkt, denkt wahrscheinlich an die Marke smart. Mittlerweile gibt es ihn bereits in der zweiten Generation elektrifiziert und auch als forfour mit vier Sitzen und Türen (Länge 3,50 m). Der smart EQ forfour wird immer mit einer Spitzenleistung von 60 kW geliefert, die Reichweite beträgt 139-154 km, allerdings nach NEFZ. Dieser ist weniger genau als das neuere WLTP Messverfahren. Im Gegensatz zum e.GO bietet smart allerdings eine optionale Schnellladefunktion (Aufpreis 840€) mit der die Batterie in weniger als 40 Minuten wieder zu 80% geladen ist. Darüber hinaus bietet der EQ forfour schon in der Basis eine akzeptable Ausstattung: Unter anderem sind Radio, City-Notbremsassistent und Klimaautomatik immer dabei. Optional lässt sich der smart EQ forfour ordentlich aufhübschen, bis hin zum sportlichen BRABUS-Exterieur. Im Innenraum bietet der smart gegen Aufpreis unter anderem Ambientebeleuchtung, Ledersitze und ein 7″ Infotainmentsystem mit Navigationsfunktion an.
Mit einem Einstiegspreis von 22.600€ liegt der smart EQ forfour leicht über einem vergleichbar ausgestatteten e.GO Life 60. Mit ein paar Klicks im Konfigurator steigt der Preis dann schnell auf 25.000€ und mehr. Für wen der 4,50 Meter lange forfour zu groß ist kann alternativ auch zum EQ fortwo (2,70m, ab 21.940€) oder EQ fortwo cabrio (ab 25.200€) greifen. Smart hat sich darüber hinaus vollständig dem Thema Elektromobilität verschrieben: Ein smart mit Verbrennungsmotor kann auf der Website des Herstellers nicht mehr konfiguriert werden. Außerdem hat smart Mitte Mai angekündigt ab 2020 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zu bauen.
Renault ZOE: Der Bestseller unter den Elektrofahrzeugen
Natürlich darf auch das im Jahr 2018 meistverkaufte Elektrofahrzeug in Deutschland nicht fehlen: Der Renault ZOE. Immerhin 6.400 Neuzulassungen des ZOE verzeichnete das Kraftfahrt Bundesamt im vergangenen Jahr. Der Renault ZOE bietet auf 4,08 Metern ebenfalls vier Türen und fünf Plätze. Damit spielt er bei den Außenmaßen in der Liga eines VW Polo (4,07 m) oder Ford Fiesta (4,06 m). Anders als den smart gibt es den ZOE allerdings mit verschiedenen Motorisierungen sowie Akkugrößen. Den Einstieg bildet das Modell “LIFE” mit 92 PS Spitzenleistung und einer Reichweite von 175 km nach WLTP (ab 21.900€). Wer eine größere Reichweite benötigt wählt die Option “Z.E. 40 Paket” und erhöht die Reichweite auf 316 km nach WLTP (ab 26.100€). Das Topmodell “LIMITED” kombiniert den größeren Akku mit einem etwas leistungsstärkeren Motor (Spitzenleistung 108 PS) und zusätzlicher Serienausstattung (ab 27.900€). Zusätzlich zum Kaufpreis wird bei Renault allerdings eine monatliche Batteriemiete fällig. Diese liegt zwischen 59€ und 119€, je nach Batteriegröße und zurückgelegter Strecke.
Im Innenraum zeigt sich der ZOE ähnlich aufgeräumt wie e.GO und smart, das Design des Cockpits ist allerdings weniger verspielt gehalten, als das des smart. Die Serienausstattung beim Einstiegsmodell ist ebenfalls vergleichbar mit der des smart EQ forfour. Serienmäßig sind beispielsweise eine Klimaautomatik, ein City-Notbremsassistent, Tempomat und ein 7″ Infotainmentsystem mit Android Auto Integration. Die kurze Aufpreisliste bietet unter anderem elektrische Fensterheber, Licht- & Regensensor sowie Parksensoren hinten. Exklusiv für das Topmodell LIMITED gibt es weitere Extras wie Bose Soundsystem, Sitzheizung und Rückfahrkamera. Besonders erwähnenswert ist noch die Funktionsweise der Heizung des ZOE. Diese arbeitet als Wärmepumpe und nutzt die Abwärme des Akkus zum heizen des Innenraums. Dies erhöht die Reichweite, da weniger Strom zum heizen verbraucht wird.
Der Neue: Seat Mii electric
Der Seat Mii ist bereits seit 2012 auf dem Markt und ist, zusammen mit den nahezu baugleichen Konzernbrüdern VW up! und Škoda Citigo, vermehrt im Straßenverkehr anzutreffen. Während VW dem up! allerdings bereits Ende 2013 einen Elektroantrieb verpasste gab es den Mii bis jetzt nur mit Verbrennungsmotoren. Anfang Juni hat Seat nun nachgezogen und den Mii electric präsentiert. Die Verbrennungsmotoren fliegen dafür aus dem Programm. Der Mii electric liefert – ähnlich dem up! – eine Spitzenleistung von 83 PS. Allerdings gibt Seat eine vorläufige Reichweite von 260 km nach WLTP an. Zum Vergleich: Der up! kommt, aufgrund eines kleineren Akkus, nur 160 km weit. Seat verspricht außerdem, dass der Preis ähnlich hoch liegt wie bei einem vergleichbaren Benziner – ein genauer Preis ist aber noch nicht bekannt.
Im Innenraum orientiert sich der Mii electric am Cockpit des Verbenners. Heißt: Klassischer Tacho und Drehzahlmesser. Seat verspricht zudem eine umfangreiche Serienausstattung, zu der unter anderem auch ein Spurhalteassistent zählt. Eine, laut Seat, “überschaubare Aufpreisliste” eröffnet allerdings die Möglichkeit zur Individualisierung. Als Ausstattungshighlights werden zum Beispiel Ambientebeleuchtung, beheizbare Sportsitze sowie ein beledertes Sportlenkrad genannt. Neu ist zudem die Seat CONNECT Smartphone-App. Mit Hilfe dieser App lassen sich beispielsweise der Standort des Fahrzeugs überprüfen und die Fenster öffnen oder schließen. Außerdem ist es möglich den Mii electric aus der Ferne zu kühlen um dann mit einem angenehm temperierten Fahrzeug loszufahren.
Preise, Reichweiten, Umweltbonus
Mit dem e.GO Life, dem smart EQ forfour, dem Renault ZOE LIFE sowie dem Seat Mii electric stehen Interessenten in Deutschland bereits einige alltagstaugliche Elektrofahrzeuge für die Stadt zur Verfügung. Zwar sind die Listenpreise im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennermotor noch etwas höher, allerdings zeigen e.GO und Seat, dass es möglich ist preislich konkurrenzfähig zu werden. Zudem besitzen alle vorgestellten Fahrzeuge eine realistischen Reichweite von mindestens 100 km. Damit sollten in der Stadt keine Reichweitenängste aufkommen. Was ebenfalls nicht unerwähnt bleiben soll: e.GO, smart und Renault sind für den “Umweltbonus” des Bundes berechtigt. Seat wird ebenfalls nachziehen. Das heißt, dass der Bund bei Erstzulassung eines Elektroautos 4.000€ zurückerstattet. Der e.GO Life 20 startet somit beispielsweise bei 11.899€. Und eine weitere gute Nachricht: Das Angebot an Kleinwagen für die Stadt wächst immer weiter. Opel hat beispielsweise gerade den Corsa-e vergestellt. Dieser verfügt über eine Reichweite von 330 km nach WLTP und ist damit sowohl für die Stadt als auch für längere Strecken geeignet. Weitere Alternativen wären der Kia e-Soul (Fahrbericht im Video) oder der VW ID.3.
Zum Schluss noch ein Überblick über die technischen Daten der vier Elektrofahrzeuge:
e.GO Life 60 | Renault ZOE LIFE mit Z.E. 40-Paket | Seat Mii electric | smart EQ forfour | |
Spitzenleistung,Drehmoment | 60 kW/82 PS, k.A. | 68 kW/92 PS, 250 Nm | 61 kW/83 PS, 212 Nm | 60 kW/82 PS, 160 Nm |
Dauerleistung | 32 kW/44 PS | 43 kW/59 PS | k.A. | 41 kW/56 PS |
Reichweite | 145 km (WLTP, vorläufig) | 316 km (WLTP) | 260 km (WLTP, vorläufig) | 139-154 km (NEFZ) |
Akkuspannung | 374 V | 400 V | k.A. | k.A. |
Nennkapazität Akku | 23,5 kWh | 41 kWh | 36,8 kWh | 17,6 kWh |
Ladezeit 230V-Steckdose | 9,8 h | 15 h | k.A. | 8,5 h |
Ladezeit Schnelllader | Nicht verfügbar | 2 h 40 min (22 kW) | 1 h (40 kW, bis 80%) | <40 min (22 kW, bis 80%) |
0-50 km/h | 3,4 s | 4,1 s | 3,9 s | 5,5 s (0-60 km/h) |
Höchstgeschwindigkeit | 142 km/h | 135 km/h | 130 km/h | 130 km/h |
Leergewicht | 1210 kg | 1545 kg | k.A. | 1200 kg |
Verbrauch laut Hersteller | 16,2 kWh/100km | 16,8 kWh/100 km | 14,2 kWh/100 km (vorläufig) | 11,4 - 12,7 kWh/100 km |
Außenmaße (LxBxH) in cm | 335x175x159 | 409x173x156 | 356x165x148 | 350x167x155 |
Einstiegspreis | 19.900€ | 26.100€ zzgl. Batteriemiete (ab 69€/Monat) | k.A. | 22.600€ |