Der beliebte Volkswagen Tiguan geht mittlerweile in seine dritte Generation und bringt in diesem Jahr einige Änderungen mit sich, die evolutionstechnisch sowohl vorwärts als auch rückwärts verlaufen. So hat VW beispielsweise endlich ein vernünftiges und gut funktionierendes Head-Up-Display verbaut, setzt aber für dieses Modell auf analoge Tasten beim Lenkrad. Damit möchte man vermutlich die Sympathien der Kunden zurückgewinnen, die eventuell vom weniger funktionellen Touch-Lenkrad der letzten Generation verärgert waren. Wir zeigen auf, ob sich der Kauf des Mittelklasse-SUVs lohnt und was auch der 2.0 TDI-Diesel zu bieten hat.
Von vorne bis hinten: ein sportliches Modell
Die Maße des diesjährigen VW Tiguan haben sich tatsächlich im Vergleich zum Vorgänger kaum verändert. So ist er zwar 3 cm länger geworden, der Radstand ist allerdings gleichgeblieben. Der Tiguan wird in den Modellen Basis, Life, Elegance und R-Line angeboten, die sowohl in ihrer Ausstattung als auch in ihrem Design teilweise sehr unterschiedlich ausfallen. Die von uns getestete Elegance-Version besitzt zum Beispiel sehr viele Chrom-Akzente an der Karosserie, während beim Tiguan R-Line mit viel schwarz gearbeitet wurde. Das Basismodell sowie die exklusiveren Modelle werden standardmäßig mit 18-Zoll Felgen ausgestattet.
Den Unterschied macht bei der Optik auch die Wahl der Scheinwerfersysteme. Der Tiguan besitzt zwar in allen Modellen LEDs, die in dem „LED-Plus“-Paket enthaltenen HD-Matrix-Scheinwerfer haben allerdings wesentlich mehr Leuchtkraft. Mit starken 19.200 Pixeln pro Scheinwerfer wird der Tiguan damit zum Leuchtturm der Nachtfahrten. Optisch gesehen kommen die LED-Leuchten der Basis-Version zwar auch an das futuristische Design der Matrix-Scheinwerfer ran, die Heckleuchten behalten allerdings einen gewissen Halogen-Look. Hier kann das LED-Plus-Paket wieder punkten, das die Volkswagen IQ Lights mit schicker Flickflack-Animation liefert.
Das beliebte Modell des Tiguan Allspace wird es für die dritte Generation nicht geben, stattdessen kommt Ende des Jahres der Volkswagen Tairon, ein ähnliches Derivat, das den maximalmöglichen Platz bieten soll.
Kein Allspace, kein Platz? Von wegen!
Dass es keine Allspace-Version gibt, bedeutet aber nicht, dass es in der neuen Generation des Tiguan an Platz mangelt. Ganz im Gegenteil. Das Kofferraumvolumen hat sich mit 640 Litern etwas vergrößert, klappt man die Rückbank um, sind bis zu 1650 Liter möglich. Noch dazu befindet sich im Kofferraum ein Knopf für die Anhängerkupplung, die jetzt halbautomatisch funktioniert: Sie wird also per Knopfdruck entriegelt, muss dann aber von Hand wieder verriegelt werden. Hier gehen andere Fahrzeughersteller teilweise einen Schritt weiter, der neue BMW X2 kommt zum Beispiel mit vollautomatischer Anhängerkupplung. Über diesen Schalthebel hinaus haben Kunden des Tiguan die Möglichkeit, auf Wunsch eine 230-Volt-Steckdose im Kofferraum verbauen zu lassen, was sich besonders für den Transport von Kühlboxen gut eignet.
Endlich ist nun auch das Geheimnis um die Namensgebung des VW Tiguan offiziell gelüftet: Denn in der neuen Generation befinden sich ganz klein in der Ecke der hinteren Seitenfenster auf der linken Seite ein Tiger und auf der rechten Seite ein Leguan, das Produkt: „Tiguan“. Die Seitenfenster bilden den Rahmen für die verschiebbare Rückbank, auf der Passagiere der „Live“ und höheren Versionen in den Genuss einer dritten Klimazone kommen. Auch hier hat man definitiv genügend Beinfreiheit, trotz des Fehlens einer Allspace-Version.
Das Cockpit: Classic meets Modern
Beim Design des Cockpits verbindet Volkswagen Elemente der Zukunft mit solchen der näheren Vergangenheit. So fällt das Infotainment-Display der neuen Generation überaus groß und modern aus, beim Lenkrad setzt VW allerdings überraschend auf eine Tasten-Bedienung, wie man sie aus den 2010er-Jahren kennt.
Die Qualität der verarbeiteten Materialien im Cockpit ist vergleichbar mit der vorherigen Generation des Tiguan. Sie ist nicht im besonderen Maße hochwertig, fällt aber auch nicht besser oder schlechter aus als die der vorherigen Generation. Das Armaturenbrett hat nun eine schicke Lederbedeckung, während der Rest des Cockpits größtenteils aus harten Kunststoffen gebaut wurde. Die Lüftungsdüsen haben eine gute Größe, kommen aber leider nicht mehr mit manueller Gebläseregelung, denn die Funktionen der Klimasteuerung sind nun vollständig ins Infotainment-System integriert.
Große Veränderungen erleben wir dieses Jahr in der Mittelkonsole, die nun frei von einer Gangschaltung ist. Diese ist nun als Steuerhebel an die rechte Seite des Lenkrads gerückt, wo sich in den früheren Versionen die Bedienung der Scheibenwischer befand. Das mag sich für manche im ersten Moment seltsam anfühlen, wir haben uns allerdings schnell an die Änderung gewöhnt. Neu ist der sogenannte „Fahrerlebnis-Schalter“, der in der Mittelkonsole verbaut ist und den Wechsel zwischen verschiedenen „Fahrprofilen“ ermöglicht. Diese Funktion ist direkt an die neue „DCC Pro“ (Dynamic Chassis Control Pro) des Autos geknüpft und erlaubt dem Fahrer auf vielfältige Weise mehr Kontrolle über das Fahrerlebnis des Tiguan (mehr dazu weiter unten!). Schließlich gibt es nun eine Ladeschale, die es den Passagieren ermöglicht, gleich zwei Geräte induktiv aufzuladen – jeweils mit bis zu 15 Watt Leistung.
Noch Display oder schon Heimkino?
Wie bereits erwähnt fällt das Infotainment-System des neuen Tiguan relativ groß aus, Kunden haben hier die Wahl zwischen einem serienmäßig verbauten 12,9-Zoll-Display und einem riesigen 15-Zoll-Bildschirm gegen einen vierstelligen Aufpreis. Zwar ist in der kleineren Version alles ein wenig gestauchter, allerdings sollte die 12-Zoll-Variante für den Normalverbraucher völlig ausreichen.
Spannend sind hier die vielen Möglichkeiten zur Individualisierung. Möchte man auf ungeteerter Strecke fahren, so hat man die Möglichkeit, den „Offroad-Modus“ einzuschalten. Wenn dabei einzelne Assistenzsysteme oder auch fahrzeugspezifische Funktionen ein- oder ausgeschaltet werden sollen, so lässt sich das ebenfalls einstellen. Hundebesitzer können ihre Alarmanlage mit einem Klick ausschalten, wenn der Vierbeiner mal eine Zeit lang allein im Auto bleiben soll. Und für den Fall, dass man gewisse Funktionen planmäßig ein- und ausschalten möchte, kann man diese mit den verschiedenen Fahrmodi paaren.
Mit dem „Virtual Cockpit“ erhält auch die neue Generation des Tiguan ein digitales Tachometer, das im Vergleich zum Vorgänger glücklicherweise nicht viel Einhausung benötigt. Die verschiedenen Bereiche des digitalen Tachos lassen sich individuell einstellen – über ein mit haptischen Tasten ausgestattetes Lenkrad. Dieser Setback bei VW kommt wohl als Reaktion auf die vielen kritischen Stimmen aus der Motorwelt, die zuvor die Touchbedienung von VW bemängelt hatten.
Wie fährt sich der 2.0 TDI, was kann die neue DCC Pro?
Der 2.0 TDI, den wir in unserem Testwagen Probe fahren durften, ist der von vielen Fans geliebte EA288 Evo, der vor allem mit seiner Effizienz glänzt. Der Dieselmotor hat eine Leistung von 142 kW, 193 PS und schafft bis zu 400 Newtonmeter Drehmoment, schleicht damit in 7,7 Sekunden auf Tempo 100. Diese Version des Dieselmotors wird prinzipiell mit Allradantrieb und DSG-Automatikschaltgetriebe verkauft, einen Tiguan mit manueller Schaltung wird es also nicht geben. Alternativ zum 192-PS-Motor gibt es noch den „kleinen“ Diesel, der über Frontantrieb funktioniert und 150 PS mit sich bringt.
Auf der Autobahn kann man mit dem neuen Tiguan ziemlich gut Gas geben, 220 km/h ist laut VW die maximalmögliche Geschwindigkeit und der Diesel läuft auch über längere Touren durchweg sparsam mit durchschnittlich 6,7 Liter pro 100 km. Dank des großen Displays lässt sich das Infotainment-System auch während der Fahrt gut bedienen und für noch mehr Komfort gibt es die VW-eigene Sprachsteuerung IDA, die bisher gut funktioniert, aber in manchen Bereichen noch nicht ganz ausgefeilt ist.
Ob Komfort oder Sport: Die DCC Pro macht’s möglich
Im neuen Tiguan debütiert nun auch endlich das neue DCC Pro System, was dem Fahrer eine breite Palette an Auswahlmöglichkeiten zur Steuerung des Fahrgefühls bereitstellt. Über den Fahrerlebnisschalter und das Infotainment-System kann nun zwischen verschiedenen Fahrprofilen ausgewählt werden (Komfort, Sport, Offroad etc.), oder man stellt sich sein ganz eigenes Fahrprofil individuell zusammen. Das System funktioniert über zwei Ventildämpfer im Fahrwerk, deren Zug- und Druckstufe der Fahrer getrennt voneinander regeln kann. Das ermöglicht im Sportmodus mehr Kurvendynamik und mehr Rückmeldung des Untergrunds sowie etwas mehr Fahrkomfort und weniger Vibrationen im Komfortmodus. Zwar lässt sich ein gewisses Wanken in Kurven bei einem SUV nie vollständig ausbügeln, die DCC Pro ist aber dennoch gut konzipiert und steigert noch einmal die Begeisterung beim Fahren.
Fazit: Die beste Generation des Tiguan?
Aus unserer Sicht hat der neue Tiguan den vorherigen Generationen einiges voraus. Trotz der vielen Elemente mit Touchbedienung ist der Tiguan relativ gut zu bedienen und bietet dem Fahrer viele verschiedene Möglichkeiten, sein Fahrerlebnis in die eigene Hand zu nehmen und auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Hier sticht vor allem die neue DCC Pro heraus, die schlussendlich nochmal mehr Wege zur individuellen Fahrgestaltung bietet. Lediglich die Qualität im Interieur des Tiguan lässt teilweise zu wünschen übrig, da die Kunststoffpaneele dem sonstigen Gesamteindruck eines hochwertigen Autos etwas den Zauber nehmen. Der Preis für das Basismodell startet bei ungefähr 36.000 Euro, steigert sich natürlich aber mit der Auswahl an Paketen. Unseren Testwagen in der Elegance-Version gibt es für satte 65.000 Euro zu haben, was zwar ziemlich teuer ist, allerdings auch in unserer Konfiguration alle Fahrassistenzsysteme beinhaltet, mit HD-Matrix-Scheinwerfern ausgestattet ist und sogar eine Standheizung sein Eigen nennen darf.
Technische Daten: Tiguan 2.0 TDI (193 PS) Elegance
Hubraum | 1.968 cm³ |
Leistung/Drehmoment | 142 kW (193 PS) / 400 Nm |
Getriebe | 7-Gang Automatik (DSG) |
Antrieb | Allradantrieb (4MOTION) |
Höchstgeschwindigkeit | 220 km/h |
0-100 km/h | 7,7 Sekunden |
Leergewicht | 1.750 kg |
Kofferraumvolumen / Max. | 652 / 1.650 L |
Verbrauch angegeben | 6,4 Liter / 100 Km |
Tankinhalt | 58 L |
Dieser Fahrbericht entstand als Transkript auf Basis unseres Video Reviews zum neuen Tiguan.