Von der Front her würde man aus der Ferne sagen, der Genesis könnte eine S-Klasse sein. Vom Logo her ein Aston Martin. Insgesamt aber bestimmt kein: Hyundai. Der Genesis kommt serienmäßig mit 6-Zylinder Benziner mit 315 PS und jeder Menge Unvernuft für Europa. Umso mehr Spaß macht er aber im Langstreckenbetrieb. Die Chauffeur-Limousine aus Korea im Test!
Von vorne sieht der Genesis also einfach wie eine (amerikanische?) Limousine aus. Wenn man eine Chance hat, ihn im Vorbeifahren als Hyundai zu enttarnen, dann von hinten: Das Heck erinnert an die Formen des bis dato “höchsten” Hyundai hierzulande, dem i40. Am meisten fällt der dick-chromige, große Kühlergrill ins Auge. Ihn kennen wir zwar in ähnlicher Form auch von anderen Hyundais, allerdings fehlt das Markenlogo. Warum der Genesis es nicht tragen darf, wissen wir nicht. Jedenfalls wurde es durch das reine “Genesis-Logo” auf der Motorhaube ersetzt. Er strahlt im Gegensatz zur restlichen Modelpalette nicht Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit, sondern vor allem Eleganz aus und schafft es damit, zu beeindrucken.
Luxus pur statt Vernunft
Wir hatten das Glück, das Interieur schon vor 2 Jahren bei einem geparkten Genesis durch die Scheiben begutachten zu können. Einen geparkten Genesis sieht man hierzulande fast nie, da er zweifelsfrei eines der exotischsten Fahrzeuge momentan überhaupt ist. Nach einem Jahr Wartezeit bis zur ersten Testfahrt konnten wir dann tatsächlich Platz nehmen und es fühlte sich richtig gut an. Die Sitze sind einfach enorm komfortabel, das Cockpit ist perfekt um den Fahrer (und Beifahrer) angeordnet. Insgesamt erinnert das Interieur des Hyundai Genesis stark auch an deutsche Luxuslimousine wie z.B. den A8, ohne aber das Touch&Feel von Hyundai außer Acht zu lassen: So gibt es einige Elemente und Knöpfe so zwar nur beim Genesis, allerdings kennt man etwa die Klimaautomatik oder das Lenkrad auch von anderen Modellen der Marke. Das Cockpit sieht vielleicht nicht so filigran und minimalistisch wie bei der schwedischen Konkurrenz aus, alles ist aber an seinem Platz und praktisch und schnell erreichbar. Besonders komfortabel ist die Steuerung des Infotainmntsytems: Sie funktioniert entweder per Touchscreen oder Joystick in der Mittelkonsole.
Business Class Fond
Wir hatten ja schon den A8 erwähnt, mit dessen Fond der Genesis unserer Meinung nach mithalten kann. Den dritten, vollwertigen Sitzplatz in der Mitte kann man durch das Ausklappen der Mittelarmlehne nämlich auch mit einer weiteren Steuerzentrale für den die hinteren Fahrgäste besetzen. Diese Steuereinheit ähnelt der für die Frontpassagiere und ermöglicht die Einstellungen der wichtigsten Entertainment-Features. Auch das Sonnenschott an der Heckscheibe oder die hinteren Sitze können bewegt werden (letztere sogar in eine Art Schlafposition). Selbstverständlich ist es da, dass es auch für die rückwärtigen Passagiere eine Sitzheizung und -Lüftung gibt. Und dass die chauffierten Gäste im Fond genug Platz und Beinfreiheit haben, lässt schon die Länge des Genesis von 4,99 Metern vermuten.
Standesgemäß bringt der Genesis ein paar weitere, praktische Features mit, die den Alltag etwas versüßen, oder auch erleichtern. Im Rahmen der Keyless-Go Funktion öffnet sich die Heckklappe beispielsweise automatisch, wenn man mit dem Schlüssel ein paar Sekunden hinter ihr steht. Die Funktion ist wesentlich praktischer, als das holprige öffnen per Fußgeste, wie man es von einigen Konkurrenten kennt. Ein virtueller Chauffeur sorgt auch dafür, dass alle Türen wirklich geschlossen sind: Schubst man eine der Türen zu leicht zu, wird sie automatisch den letzten Zentimeter bis zum Einrasten angezogen. Ein CO2-Sensor überwacht ständig den CO2 Gehalt der Luft und warnt bei zu hohen Werten vor Übermüdung.
Im Tiefflug über die Autobahn
Langstrecken sind genau das Richtige für den Genesis. Nicht zuletzt, weil der dicke 3,8 Liter Sechszylinder Benziner im Stadtverkehr ganz gut den Tank leersaugt. Der Genesis bringt aktuell immer diesen einen Motor mit satten 315 PS (232 kW) mit. Sein Drehmoment von 400 Nm bringt er über Hyundais HTRAC Allradantrieb auf den Asphalt. Das Allradsystem, das normalerweise die Kraft Vorne-Hinten im Verhältnis 40:60 verteilt, kann sich wirklich sehen lassen und sorgt entsprechend zur (variablen) Kraftverteilung für immer feste Traktion. Serienmäßig ist im Genesis auch eine von Hyundai entwickelte 8-Gang Automatik, die ziemlich schnell den richtigen Gang parat hat und für unseren Geschmack auch dem 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe im Tucson überlegen ist. In 6,8 Sekunden beschleunigt der Genesis mit ganz dezentem Sound auf Tempo 100. Und da sind wir wieder bei den Autobahngeschwindigkeiten: Hier genügen die 315 PS auch trotz des Gewichts von 2.150 kg, um in Eile permanent die Linke Spur zu besetzen, stark abzubremsen und wieder zu beschleunigen. Dass der Genesis mit der Elastizität keine Probleme hat, ist besonders im Außendienstler-Autobahnverkehr wichtig.
Sonst gibt sich der Genesis ganz Limousinen-like sehr ruhig. Auf der Autobahn hört man Wind und Abrollgeräusche frühestens ab 160 km/h etwas deutlicher, in der Stadt filtert eine massive Schallisolierung die störende Geräusche gut heraus. Er steht zwar nicht auf einer Luftfederung, sein Fahrwerk ist aber trotzdem gänzlich auf Komfort ausgelegt. Das bedeutet aber nicht, dass er auf der Landstraße nicht auch Spaß machen würde. Bei unserer Testfahrt, die zu einigen Teile auch aus schnellen Autobahnfahrten bestand, stand auf dem Bordcomputer beim Verbrauch meist ein deutlich zweistelliger Wert. Hyundai gibt den Verbrauch mit 11,3 Litern kombiniert an, was man bei sehr sparsamer Fahrweise im Eco-Mode auch fast erreichen kann. Ein V6-Diesel wäre hier genau das richtige für den deutschen Langstreckenverkehr!
Modernste Assistenzsysteme Hyundais
Im Genesis feiern einige fortschrittliche Assistenzsysteme Premiere, die es bei Hyundai (und Kia) so vorher gar nicht gab. Da wäre etwa die adaptive Geschwindigkeitsregelung oder der Cross-Traffic-Warner, der z.B. beim Ausparken vor hinten kreuzendem Verkehr optisch und akustisch warnt. Besonders sinnvoll ist im Genesis auch die Around-View Kamera, die mit einer virtuellen Draufsicht auf die Limousine das Einparken doch sehr erleichtert. Der Notbremsassistent sorgt nicht nur für Warnungen, wenn es mal brenzlig wird, sondern unterstützt die Sicherheit der Passagiere kurz vor einem drohenden Zusammenstoß auch etwa mit aktiven Gurtstraffern. Die ACC funktioniert ausgesprochen gut und zuverlässig dafür, dass Hyundai mit den Assistenzsystemen eher weniger Erfahrung hat. Sie kann auch bis zum Stillstand bremsen und wieder anfahren, was besonders im Stau extrem hilfreich ist. Features, die bisher Highlights bei Hyundai waren (BiXenon Scheinwerfer, Fernlichtassistent, Spurhalteassistent) sind ohne hin beim Genesis an Bord. Das Beste: Den Genesis gibt es sozusagen nur in einem Gesamtpaket, in dem alle hier genannten Systemen immer inklusive sind.
Der Genesis schafft es mit seiner Eleganz sofort zu beeindrucken, während die restliche Palette Hyundais vielmehr für Alltagstauglichkeit mit mittlerweile ansehnlichen, sportlichen Formen steht. Für etwas mehr als 65.000 Euro bringt der Genesis direkt die Vollausstattung mit und ist mit seinen 315 PS aus dem V6 im Vergleich zur deutschen Premium-Konkurrenz direkt ein Schnäppchen. Für den Markt hierzulande fehlt nur noch ein großer Diesel als Alternative.
Hyundai Genesis Limousine 3.8 V6 GDI
Leistung/Drehmoment: 232 kW / 315 PS / 400 Nm
Getriebe: 8-Gang Automatik
Antrieb: Allradantrieb (40:60)
0-100 km/h: 6,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
Leergewicht: 2.150 kg
Verbrauch angegeben: 11,6 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Farbe: Platinum Silver Metallic
Kofferraumvolumen: 493 L
Testwagenpreis: 65.5000 EUR
Text&Fotos: Matthias Luft