Letzte Woche gab Elon Musk auf einer Investorenkonferenz bekannt ab dem 2. Quartal 2020 vollständig autonome Fahrzeuge zu verkaufen. Vollständig autonom bedeutet in diesen Zusammenhang, dass das Fahrzeug jegliche Verkehrssituation selbstständig ohne Eingreifen des Fahrers bewältigen kann. Damit wäre Tesla – Stand heute – die erste Firma, die einen solchen Autopiloten für die breite Masse anbieten würden. Die Fahrzeuge sollen beispielsweise auch in autonomen Taxis zum Einsatz kommen und könnten entsprechend ohne Fahrer auskommen.
Tesla bietet schon seit 2014 optional Fahrassistenzsysteme an, die unter dem Namen „Autopilot“ vermarktet werden. Allerdings besteht der Autopilot heute nur aus einem System zum Spurhalten, zum Spurwechsel, einer selbstständigen Einpark- und Rangierhilfe sowie einem adaptiven Abstandstempomaten, wobei eine ständige Kontrolle durch den Fahrer nötig ist. Ähnliche Systeme bieten mittlerweile auch die meisten anderen Automobilhersteller. Ein längeres vollständig autonomes Fahren ist allerdings – trotz des Namens – nicht möglich. Die Grenzen dieses Systems zeigten sich zuletzt immer wieder in teilweise tödlichen Unfällen, bei denen der Autopilot beispielsweise stehende Fahrzeuge oder Fahrbahnbegrenzungen nicht erkannte.
Der neue Autopilot
Wie soll der „neue“ Autopilot also zur bisherigen Version verbessert werden? Tesla verbaut nun einen neuen Rechenchip aus eigener Entwicklung in ihre Modelle, welche die bisherigen Chips von NVidia ersetzt. Durch diesen Chip soll sich die Leistung des Autopiloten etwa um den Faktor zehn erhöhen. Dies ermöglicht beispielsweise die Auswertung von mehr Sensoren gleichzeitig oder von Kamerabildern mit höherer Auflösung. Auf ein LIDAR-System (light detection and ranging), wie es beispielsweise einige deutsche Automobilhersteller in ihren Prototypen verwenden, verzichtet Tesla aus Kostengründen. Stattdessen setzt der Hersteller auf acht Kameras, zwölf Ultraschallsensoren sowie einen Radarsensor zur Erfassung der Umgebung ein. Darüber hinaus profitiert Tesla enorm vom Training ihres neuronalen Netzwerkes, welche die Umgebung erfasst und das Fahrzeug entsprechend steuert. Dieses Training erfolgt durch Auswertung der Autopiloten der vielen Teslas die aktuell schon weltweit unterwegs sind.
Hürden die gemeistert werden müssen
Spannend bleibt natürlich die Frage, ob Tesla es geschafft hat in relativ kurzer Zeit ein System zu entwickeln, das auf sämtliche Verkehrssituationen immer richtig reagiert. Denn in Städten ist die Straßenführung beispielsweise deutlich verwinkelter und komplexer als auf der Autobahn. Außerdem herrscht hier meist eine höhere Verkehrsdichte, auch durch Radfahrer sowie Fußgänger. Darüber hinaus muss ein vollständig autonomes System auch bei Regen, Schnee und Dunkelheit ohne Aussetzer funktionieren, da theoretisch auch Fahrten ohne eingreifenden Fahrer möglich sind. Tesla hat inzwischen ein Video zum neuen Autopiloten auf Youtube veröffentlicht. Darin ist ein Model 3 zu sehen, das im Zeitraffer mehrere Minuten autonom fährt ohne dass der Fahrer aktiv eingreifen muss. Das Fahrzeug erkennt dabei selbstständig Ampeln, Stoppschilder und Abbiegestreifen und verhält sich entsprechend. Allerdings folgte die Route hauptsächlich wenig befahrenen Landstraßen und Autobahnen. Komplexere Verkehrsführungen, beispielsweise in einer Stadt, sind leider nicht zu sehen.
Neuer Autopilot vorerst in den USA
Zuletzt konnte Tesla mehrmals selbstgesteckte Ziele, etwa beim Produktionsstart neuer Modelle oder den Verkaufs- bzw. Auslieferungszahlen nicht einhalten. Der nun angegebene Termin sollte also auch mit Vorsicht genossen werden. Zudem ist vollständig autonomes Fahren rein rechtlich weder in Europa noch in den USA pauschal erlaubt. Hier muss auf Seiten der Gesetzgebung noch nachgearbeitet werden.
Wer nun darauf hofft im nächsten Jahr in autonomen Teslas chauffiert zu werden wird aber vorerst enttäuscht. Der neue Autopilot wird nämlich zu Beginn nur in den USA verfügbar sein. Allerdings gibt es auch eine gute Nachricht für Teslabesitzer mit dem aktuellen Autopiloten auf NVidia-Basis: Das neue System wird sich voraussichtlich nachrüsten lassen, Preise dafür sind allerdings noch nicht bekannt.