Räder im Motorsport mögen sich zwar drehen, weil ein Verbrennungs- oder immer häufiger Elektromotor sie antreibt. Doch bereits im Amateursportbereich wären ohne Sponsoren vielfach nicht einmal die besagten Räder vorhanden – von den Motoren und allem anderen, was ein solches Fahrzeug ausmacht, einmal völlig abgesehen.
Dabei ist das Motorsport-Sponsoring nicht nur aufgrund seiner Geschichte interessant, sondern auch die Art der Vorgehensweise – die erst kürzlich einmal mehr unter Beweis gestellt wurde: F1-Team Racing-Point (seit 2021 Aston Martin Aramco Cognizant) wählte den Sportwettenanbieter SportPesa zum Hauptsponsor und sorgte somit zu einem scharfen (blauen) Kontrast auf den sonst rosafarben gehaltenen Boliden. Nun ist das unter anderem in Kenia operierende Haus zwar weit davon entfernt, zu den diesbezüglich größten Unternehmen der Welt zu gehören. Aber allein die Wahl eines Buchmachers zeigt, welch weiten Weg das Sponsoring genommen hat – zumal 2021 mit PokerStars ein Unternehmen aus einem ähnlichen Segment gleich Sponsor der gesamten Formel 1 wurde.
Zwar dreht es sich beim Sponsoring letztlich „nur“ ums Geld. Dahinter steht jedoch eine hochinteressante Geschichte, die im Motorsport teils gänzlich andere Wege nahm und nimmt als in den meisten anderen Sportarten.
Motorsport-Sponsoring: Mehr als nur eine plumpe Notwendigkeit
Warum lässt sich, beispielsweise, ein Fußballteam sponsern, indem es Werbung auf seinen Trikots zulässt? Letzten Endes, um das große sportliche Drumherum bezahlen zu können. Vornehmlich Stadien, teure Spielergehälter. Nun kann man natürlich vortrefflich diskutieren, ob die mittlerweile schwindelerregenden Gehälter ein Henne-Ei-Problem im Bezug aufs Sponsoring sind. Fest steht jedoch:
- Fußball und viele ähnliche Sportarten könnten ohne Sponsoren problemlos existieren, sie taten es in Deutschland sogar bis weit in die 1970er hinein; in vielen anderen Ländern ebenfalls. Hier bieten also die Sponsorengelder vornehmlich mehr Möglichkeiten, durch größere Finanzkraft bessere Spieler anzuziehen. Wären die Sponsoren nicht so dominant, wären jedoch lediglich die Gehälter niedriger, kaum der Sport an sich in Gefahr.
- Motorsport ist dagegen von einer grundsätzlichen Notwendigkeit zu hohen Investitionen geprägt; selbst wenn man Strecken komplett ignoriert. Schon der Umbau eines normalen PKW zu einem sehr harmlos getunten Slalom-Renner unterliegt aufgrund der technischen Bestimmungen einem Zwang zum Geldausgeben- weshalb schon viele Amateure sich sponsern lassen. Und wie viele Profi-Rennställe es ohne Sponsoren gäbe, wo sich immer weniger Autohersteller Werksteams leisten, kann ebenfalls vermutet werden. Das liegt schlicht daran, dass hier jede Form des Sports mit teils hohen Kosten verbunden ist.
Im Klartext also: Motorsport benötigt zwingend sehr teure „Sportgeräte“ und hat deshalb einen vergleichsweise großen Finanzbedarf, der sich wirklich nur durch Sponsoren decken lässt.
Die frühen Tage: Von Silberpfeilen und Werksteams
Ganz ähnlich wie jede andere Sportart, so kennt Motorsport ebenfalls eine Phase, in der auf den Fahrzeugen und an den Streckenrändern nichts anderes zu sehen war als höchstens das Logo des Fahrzeugherstellers. Denken wir an die berühmten Silberpfeil-Renner aus blankem Metall.
Es war die Zeit, in der Motorsport nicht nur unsicher und (weitgehend) unreglementiert war, sondern als man damit nur wenige Ziele verfolgte:
- Eine echte technische Leistungsschau des Möglichen und Machbaren,
- ein Kräftemessen zwischen den Herstellern (und ggf. Nationen) sowie
- Werbung in eigener Sache.
Als in der US-amerikanischen NASCAR-Serie in den 1960ern die großen Autohersteller involviert wurden, galt dort das Motto „Gewinne sonntags, verkaufe montags“. Das heißt, über gewisse Zeiträume war der Motorsport selbst sozusagen eine Werbeveranstaltung für das eigentliche Fahrzeuggeschäft. Schon das ist längst anders, wo Motorsport von vielen mit unnötigem Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß verbunden wird.
Werksteams gibt es heute noch. Allerdings gibt es praktisch keine Rennserie mehr, die gänzlich ohne Sponsoren auskommt. Und das hat einen Grund:
Der Zusammenhang zwischen Mitteln und Kosten
Je länger eine sportliche Disziplin besteht, desto größer werden die darin maximal und durchschnittlich erzielten Leistungen.
Nehmen wir als hervorragendes Beispiel die 24 Stunden von Le Mans, denn seit 1932 haben sich Verlauf und Streckenlänge nur unwesentlich verändert.
- 1935 betrug die schnellste Rennrunde 139,612 km/h
- 1966 betrug sie bereits 230,103 km/h
- 2019 waren es genau 248,600 km/h
Je höher der Entwicklungsgrad einer Technik liegt, desto teurer wird es, noch maßgebliche Steigerungen zu vollziehen. Die Steigerung in Le Mans zwischen 1935 und 1966 mag atemberaubend wirken. Sie dürfte jedoch nur einen Bruchteil derjenigen Entwicklungskosten verschlungen haben, die es benötigte, „nur“ rund 18 km/h bis 2019 draufzupacken – bei ungleich größerer Sicherheit und verringertem Kraftstoffverbrauch.
Im Verlauf der 1960er (je nach Rennserie etwas früher oder später) kam diesbezüglich ein Punkt, an dem die Weiterentwicklung sehr teuer wurde. Hatten zuvor sogar reine Privatiers mit aus heutiger Sicht mickrigem Support bestehen können, wurden die Kosten für weitere Leistungssteigerungen durch das bereits erreichte Niveau so hoch, dass nur noch Werksteams sie stemmen konnten – und selbst dort waren die Budgets nicht unlimitiert.
Sponsoring und Sponsoring
Als Eintracht Braunschweig sich anno 1973 vom Kräuterlikörfabrikanten Jägermeister sponsern ließ (und dazu zunächst dessen Logo zum Vereinswappen machen musste, damit es auf die Trikots durfte) war das Unverständnis nicht zuletzt deshalb groß, weil viele sich fragten, was ein solches Getränk mit Fußball zu tun habe. Mittlerweile werden solche Diskussionen unterbunden, da in der Bundesliga nur noch Alkoholgetränke-Sponsoring für Drinks mit weit niedrigerem Alkoholgehalt gestattet ist.
Im Motorsport hingegen waren die ersten Jahre (und streckenweise bis heute) von einer sehr natürlichen Verbindung geprägt: Die ersten, die ihre Logos auf Rennfahrzeugen platzierten, waren Unternehmen und Namen, die eine natürliche Verbindung zu Fahrzeugen und Motorsport hatten, vor allem Öl- und Kraftstoffhersteller sowie Reifenfirmen. Im Verlauf der 1960er zogen sich jedoch viele davon aus dem Motorsport zurück – aus unterschiedlichen Gründen.
1968 war die Lage beispielsweise in der Formel 1 so dramatisch, dass die FIA sich zu einem drastischen Schnitt genötigt sah: Sie ließ weite Teile ihrer vorherigen Werberegularien fallen und erlaubte erstmalig ein uneingeschränktes Sponsoring, das sich sogar auf Fahrzeugfarben erstreckte. Ferner führte das zu einem Einzug „fremder“ Sponsoren und sehr wilder Designs in den Motorsport.
Bemerkenswerterweise dominierten dabei zunächst Tabakfirmen, teils sogar als weitgehend einzig sichtbarer Sponsor – etwa die schwarz-goldene Lackierung von John Player Special. Sie machte den sowieso schon aufgrund seiner Leistungen legendären Lotus 72 noch ein gutes Stück markanter (und nach Ansicht einiger Fans und Teammitglieder durch das rabenschwarze Äußere zudem schön böse).
Der Grund für diese große Prominenz des Tabaks lag damals vor einen in der gesellschaftlichen Akzeptanz, zum anderen in der Verbindung mit einem Gedanken von Abenteuer, den die Werbetreibenden ziehen wollten.
Noch dramatischer wurde das Sponsoring in der F1, als „fremde“ Marken nicht nur als Sponsoren auftraten, sondern sogar aktive Teilnehmer. Denken wir an den Benetton-Rennstall, der ab 1986 fuhr und 1:1 mit dem gleichnamigen Modelabel deckungsgleich war.
Über die Jahre veränderten sich somit die Werbeträger immer stärker, stellten immer auch einen gewissen Spiegel der Gesellschaft dar: Große Banken und Versicherungen, Mobilfunk-Provider, Luxusuhrenhersteller, Energydrink-Fabrikanten – und trotzdem immer wieder Marken, die man direkt mit Fahrzeugen verbindet.
Der Kreis hat sich also längst sowohl wieder geschlossen, wie er ebenso noch deutlich größer wird, womit wir erneut bei den eingangs genannten Sportwetten- und Glücksspielanbietern wären. Beides aktuell extreme Wachstumsbranchen, die dementsprechend investieren möchten und können.
Geld geben im Motorsport: Mehr als nur Fahrzeuge
Wer an Sponsoring im Motorsport denkt, der denkt meist automatisch an grellbunte und beschriftete Fahrzeuge. Allerdings ist dies schon seit fast den Anfängen des dortigen Sponsorings nur ein Teilbereich. Ein wichtiger zwar, aber längst nicht der einzige.
Insgesamt kennen Werbeexperten hier mehrere Vorgehensweisen:
- Das heißt, einzelne (meist nur sehr bekannte) Fahrer werden zum „Gesicht“ einer Marke erklärt. Denken wir an Michael Schumacher und seinen Mineralwasser-Deal.
- Hierbei handelt es sich um die bekannteste Ausprägung. Allerdings sind lackierte Fahrzeuge nur ein Teil davon. Helme, Anzüge, die gesamte Aufmachung des Rennstalls kann mitunter in „Corporate Colors“ gehalten werden.
- Einerseits bezieht sich dies auf Werbung im Umfeld der Strecke, andererseits sogar auf das Sponsoring „ganzer“ Rennstrecken oder Motorsportarenen.
- Der alte Veedol-Langstreckenpokal Nürburgring (heute VLN Langstreckenmeisterschaft) zeigt, worum es sich dreht: Der Sponsor gibt entweder Gelder für einzelne Rennen oder gleich eigene Rennserien.
Allerdings handelt es sich hierbei, das sei unterstrichen, nur um Dachbegriffe. Innerhalb dieser vier Arten gibt es unzählige Möglichkeiten für Firmen, ihr Geld in den Motorsport zu stecken – und der gibt es, ungleich zu vielen anderen Sportarten, nicht für fragwürdige Gehälter aus, sondern steckt es meist zu einem erheblichen Teil nur in die Verbesserung seines Equipments und somit des Sports an und für sich.
Und das funktioniert ganz oben in F1, NASCAR, DTM und MotoGP ebenso, wie es in den untersten Bereichen des Breiten-Motorsports funktioniert, wo sich jeder reine Privatfahrer über einige Zusatz-Euros freuen dürfte, wenn er dafür beispielsweise den Namen einer örtlichen Autowerkstatt führt.