Fahrberichte Toyota

Probefahrt: Toyota Auris Hybrid im Test

toyota auris hybrid weiß

Ein klassisches Hybridsystem mit einem 1,8-Liter-VVT-i-Benzinmotor (99 PS) und Elektromotor (82 PS), die zusammen 136 PS leisten, verpackt im neuen, dynamischeren Auris-Design. Toyotas kompakter Vollhybrid im Fahrbericht!

Optisch ist der Auris noch nie eine Schönheit gewesen. Zum Glück wurde er aber durch das letzte Facelift deutlich kantiger, was man vor allem an der Front merkt. Das “rundere” Vorgängermodell des Auris Hybrid hatte Autophorie schon Mitte 2012 im Test. Das Heck des aktuellen Modells und dessen Scheinwerfer mit einzeln angeordneten Farben der Brems, Rückfahr- und Blinklichter gehen zwar in Ordnung, dürften aber gerne noch weiter modernisiert werden. Insgesamt sieht er nach meinem Geschmack aber deutlich schöner und sportlicher als z.B. der Prius aus – trotzdem bietet er die beste Aerodynamik seiner Klasse.  Innen ist besonders im Fond angenehm viel Platz, hier wird der Fußraum z.B. nicht von einem Mitteltunnel getrennt. Genau so der Kofferraum, in dem ein großer Koffer, zwei große Taschen und noch zwei Kabinentrolleys Platz gefunden haben. Dank der Positionierung der Batterien unter der Sitzbank hinten bleibt das Kofferraumvolumen genau so groß wie bei anderen Auris Modellen, nämlich 360 Liter.

auris hybrid heck

Im August bin ich bereits den Toyota Avensis Kombi 2.2 Diesel Probe gefahren. Das Interieur war hier zwar praktisch und alltagstauglich, allerdings weniger hübsch und teils schon sehr veraltet. Umso mehr war ich beim Auris überrascht: Vom langweiligen Inneren des Avensis ist hier fast gar nicht mehr zu finden. Zwar verzichtet man weitestgehend auf Designelemente, alles ist aber freundlicher, moderner und homogener geworden. So z.B. der Wahlhebel für die Automatik, der auch seit einiger Zeit im Prius so zu finden ist. Besonders die Anordnung des Hebels neben der Taste für den Park-Modus und die Tasten für die verschiedenen Fahrmodi in der Mittelkonsole finde ich extrem übersichtlich und intuitiv. Auch ohne Hybrid-Erfahrung ist hier sofort die richtige Fahrstufe eingelegt. Auf den Hybridantrieb machen bei Toyota unter anderem die blauen Nähte an den Fußmatten aufmerksam. Das Onboard-Navi funktioniert wunderbar, die Klimaautomatik bietet sogar die Möglichkeit, zwischen den Belüftungsstufen Soft, Medium und Fast zu wählen. Überzeugen kann auch das Multifunktionslenkrad: Im Gegensatz zum Avensis ist dieses im Auris nicht nur ergonomischer, sondern seine Tasten auch größer und hochwertigen ausgefallen. Super ist auch die Tachoeinheit: Die “Power”-Anzeige links teilt sich in Charge, Eco und Power und kann ganz grob gesagt mit einem “Drehzahlmesser für das Hybridsystem” bezeichnet werden. Fährt man effizient, bewegt sich der Zeiger im Eco-Bereich, gibt man ziemlich viel Gas, macht der Auris das deutlich indem der Zeiger nach oben zu “Power” fährt und zudem rot beleuchtet wird. Charge bedeutet z.B. die Rekuperation beim Ausrollen oder Abbremsen des Fahrzeugs. Der gut ablesbare Bordcomputer in der Mitte zeigt alle relevanten Daten, ein grünes Symbol “EV” zeigt an, wenn man rein elektrisch unterwegs ist.

toyota auris hybrid interieur

Das Auto für Bayreuth

In Bayreuth ticken die Uhren langsamer. Auch wegen des Straßenverkehrs: Durch und um die gesamte Stadt ziehen sich Straßen mit vielen Kreuzungen und Ampeln, deren Grünphasen nie jemand aufeinander abgestimmt hat. Sind dann  noch viele Fahrer unterwegs, die grundsätzlich das erlaubte Limit von 50 km/h nie erreichen, wird direkt nach einer Ampel für die nächste gebremst. Der Weg zur Uni, einmal quer durch die Stadt, ist etwa 8 Kilometer lang und beinhaltet im Durchschnitt 10 (Ampel-) Stopps, dauert gut 15 Minuten. Es gibt wohl kaum eine bessere und effizientere (motorisierte) Möglichkeit durch Bayreuth zu fahren als mit dem Auris Hybrid: Der Akku hat, voll geladen, genug Power für etwa 3/4 der Strecke. Bremst man geschickt und früh genug, hat die Batterie genug Gelegenheit, durch Rekuperation wieder nachzuladen. Erwischt man doch mal eine Grünphase und kann schneller vorankommen, hat der Elektromotor keine Probleme damit, auch bis 50 km/h ohne Unterstützung anzutreiben. Wichtig ist natürlich, sich dem allgemeinen Fahrstil anzupassen und sehr vorsichtig mit dem Gaspedal umzugehen.

auris hybrid

Ausgereifter Vollhybridantrieb

Toyota hat einige Jahre Erfahrung in Sachen Hybrid-Antrieb und das merkt man. So spürt man z.B. den Wechsel vom Elektromotor zum Benzinmotor (außer am Geräusch) überhaupt nicht. So geschmeidig hat das z.B. der Citroen DS5 Hybrid4 oder die E-Klasse Bluetec Hybrid nicht hinbekommen. Auch bei Bremsvorgängen verschiedener Stärken bleibt der Übergang von der Rekuperation zum tatsächlichen Eingriff der Bremsen gänzlich unbemerkt. Im Vergleich zu allen anderen bisher von mir gefahrenen Hybridfahrzeugen hielt auch kein anderer so lange segelnd, also rein elektrisch fahrend, durch. Insgesamt merkt man gegenüber anderen Hybridfahrzeugen deutlich, dass der Elektromotor mit 82 PS relativ viel Kraft hat. Bei gut dosiertem Gasfuß bleibt der Benziner auch bei hohen Bordsteinen oder steilen Parkhausauffahrten aus.

Links der Verbrennungs-, rechts der Elektromotor

Links der Verbrennungs-, rechts der Elektromotor

Eine Besonderheit ist die Abstimmung der Gasannahme. So steigert sich die Leistung durch Drücken des Gaspedals sozusagen nicht linear: Etwa zwei Drittel des Pedalwegs sind rein für die Effizienz reserviert. Hier geht es also langsam voran, so dass möglichst wenig Leistung abgerufen wird. Erst beim letzten Drittel erlaubt man es dem Benzinaggregat, höher zu drehen. (Eine Ausnahme ist der Power-Modus) Gibt man Vollgas, tritt tatsächlich der Effekt aus der Auris Hybrid TV Werbung ein: Der kleine Hybrid beschleunigt dann überraschend schnell. Das funktioniert natürlich hauptsächlich durch volle Belastung des Verbrennungsmotors und hier sind wir wieder bei einer Schwachstelle aller Hybridfahrzeuge mit “schwachem” Benziner: Gerade auf Autobahn-Bergauf-Etappen bei etwa 130 km/h geht nicht viel ohne Vollgas, was den schön elektrisch eingefahrenen Verbrauchsvorteil wieder zum Teil ausgleicht. Bei sehr hohen Drehzahlen ist das Motorgeräusch in der Kategorie “gequält laut” einzuordnen, bei konstant gefahrenen 150 km/h ist wiederum alles relativ ruhig.

auris hybrid tacho

Verschiedene Fahrmodi

Für ein möglichst effizientes Fahren sollte unbedingt der ECO-Modus und, wenn verfügbar, EV-Modus aktiviert sein: Letzterer versucht den Auris so lange wie möglich nur elektrisch zu betreiben, auch wenn das Gaspedal mehr als die Hälfte durchgedrückt wird. Auch ein relativ zügiges, rein elektrisches Beschleunigen ist hier möglich. Der ECO-Modus dagegen kann beliebig lang aktiv bleiben, auch über einen Neustart des Motors, er kappt Leistungsspitzen und lässt weniger Gas annehmen. Der EV Modus dagegen ist nur bei langsamen Geschwindigkeiten aktivierbar und bleibt nur bis Geschwindigkeiten von ca. 60 km/h aktiv. Möchte man keinen der Effizienzmodi nutzen, gibt es noch den Power-Modus. Dieser bietet die maximale Leistung aus Benzin- und Elektromotor. Die verschiedenen Effizienzstufen wirken sich auch auf die Beschleunigungsstärke des Tempomats und die Klimaanalgensteuerung aus. Am digitalen Automatikhebel, dessen Bedienung sehr simpel und angenehm ist, findet sich eine Besonderheit: Der “B-Modus”. Diesen habe ich Anfangs für einen “Boost” Modus gehalten, bin vorher auch weder Prius noch einen anderen Toyota Hybrid gefahren. Nach etwas Ausprobieren war aber klar, dass das B vielmehr für “Brake” steht: Ist diese Fahrstufe durch leichtes nach unten Ziehen des Hebels eingelegt, wird das Fahrzeug mittels Motobremse des Benziners (sanft) abgebremst. Besonders auf langen Bergabstrecken vermisst man einen solchen Modus bei vielen Automatik-Fahrzeugen. Neben dem Verschleiß an Bremsen spart man sich außerdem natürlich das permanente Betätigen des Bremspedals.

auris hybrid fahrmodi automatik

Fahrgefühl, Technik & Verbrauch

Besonders angenehm ist im Alltag, dass der “Start” des Auris Hybrid so schnell abläuft wie es sonst nur selten klappt: Mit dem Fuß auf der Bremse betätigt man den Start-Knopf (Keyless), nach weniger als 2 Sekunden wird nicht nur die Abfahrbereitschaft des Hybridsystems durch ein grünes “Ready” angezeigt, auch das Infotainmentsystem und vor allem dessen Rückfahrkamera sind sofort bereit. Überrascht hat mich auch, dass der Innenraum nach nur wenigen Minuten Fahrzeit ordentlich aufgeheizt war. (Derzeit Außentemperaturen von -2 bis 5 Grad.) Der Auris fühlt sich außerdem sehr erwachsen an, besonders die elektromechanische Servolenkung ist super abgestimmt und bietet je nach Geschwindigkeit immer die passende Lenkkraftunterstützung, viel besser bekommt man das in Premium-Kompakten auch nicht. Das stufenlose (CVT) Automatikgetriebe schaltet einigermaßen zügig, schnelle Wechsel der Übersetzung sind ja schließlich bei angemessener Hybrid-Fahrweise kein Muss. Mit einer normalen, nur etwas und nicht bewusst auf den Antrieb angepasste Fahrweise bin ich letztendlich auf einen Verbauch von 5,8 Litern / 100 km, gemessen zu einem hohen Teil auf Autobahnen, gekommen. Beim reinen Stadtverkehr lag der Verbrauch aber häufig deutlich unter diesem Wert.

Der Auris Hybrid hat mich positiv überrascht. Sein Antriebskonzept ist ausgreift, das Design viel besser als noch vor 2 Jahren. Innen bietet er dem Fahrer Übersichtlichkeit bei den Instrumenten und nach außen, außerdem jede Menge Platz. Bei Bedarf sind auch flotte Landstraßen- oder Autobahn-Etappen kein Problem. Letztendlich treibt der teils sehr hoch drehende Benziner bei Überland-Straßen den in der Stadt schön niedrig gehaltenen Verbrauch in die Höhe, wehalb sich der Auris Hybrid auf Kurzstrecken wohler fühlt und sein maximalen Sparpotenzial nur dann entfalten kann, wenn er mit entsprechender Fahrweise bewegt wird.

 

Auch Matthias von fahrrueckt.de hat den Auris Hybrid schon gefahren. Eine kleine Übersicht verschiedener Meinungen zum kleinsten Hybrid Toyotas, dem Yaris Hybrid, findet sich in der Blogschau auf autoaid.de.

Toyota Auris Hybrid Life

[column grid=”2″ span=”1″] Leistung/Drehmoment (Benz.): 73 kW (99 PS) / 142 Nm
Leistung/Drehmoment (Elektr.): 60 kW (82 PS) / 207 Nm
Getriebe: Stufenloses Automatikgetriebe
0-100 km/h: 10,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Leergewicht: ca. 1500 Kg
[/column] [column grid=”2″ span=”1″] Gefahrene Kilometer: 2.000
Verbrauch angegeben: 3,9 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Verbrauch berechnet: 5,8 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Kofferraumvolumen: 360 L
Grundpreis: 34.990 EUR (175 PS Diesel Sportsline)
Testwagenpreis: ca. 22.950 EUR (Ausstattungsv. “Life”)

[/column]

Über den Autor

Matthias Luft

Autor Matthias Luft faszinieren effiziente Motoren, moderne Designs und die neusten Fahrerassistenzsysteme.

4 Kommentare

  • Ich habe mir gerade einen Auris Hybrid gekauft und kann bestätigen, dass der Wagen beim Bergabfahren ein zusätzlich zu D gewähltes B das Bremsen selbst übernimmt. Ausgesprochen angenehm!

  • der Auris Hybrid TS dient bei mir als Pendlerfahrzeug. Bislang ist das Auto toyotatypisch sehr zuverlässig. Man kann sich darauf verlassen. Die Effizienz des Hybridantriebs ist sehr stark vom Streckenprofil und Fahrstil abhängig. Meine Erfahrung nach jetzt 5 Jahren Nutzung: In der Stadt ist das Fahrzeug sehr sparsam, weil oft rein elektrisch gefahren wird und der Akku beim Stop and Go, Dahinrollen, usw. immer wieder schnell nachgeladen wird. Es wird kaum Leistung benötigt. Hier kann kein anderes herkömmliches Auto mithalten. Verbrauch unter 5L ohne Weiteres möglich. Außerorts, besonders auf der Autobahn, ist der Hybridantrieb dann keineswegs mehr effizient, es stört der ausgeprägte “Gummibandeffekt”, schon bei geringer Beschleunigung und besonders an langen Steigungen nervt der Wagen mit aufdringlichem Motordröhnen. Das lässt nicht nach, bis man das Ende der Steigung erreicht hat und es wieder eben wird. Dann senkt das System die Drehzahl wieder ab. Es funktioniert aber nur, solange kein Gegenwind herrscht. Ansonsten geht die Drehzahl wieder hoch. Das hat zur Folge, dass außerorts der Verbrauch nahezu doppelt so hoch ist, wie vom Hersteller angegeben. Unter 6L (im Sommer) sind im Prinzip nur bei sehr zurückhaltender Fahrweise zu erreichen. Da nützt es auch nichts, wenn der Wagen nur 36 Euro Steuern/ Jahr kostet. Die meisten Autokosten ergeben sich aus den Aufwendungen für den Treibstoff. Insofern ist dieser Hybridantrieb bei meinen Anforderungrn künftig keine Option mehr. Den Auris als Solches würde ich sofort wieder kaufen, aber nicht als Hybrid.

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