Porsche Taycan GTS Sport Turismo. Während Sie diese vier Worte samt Kürzel gemütlich lesen stürmt eben jenes Auto aus dem Stand auf Tempo 100. Laut Datenblatt soll das in 3,7 Sekunden geschehen. Doch den Taycan GTS nur auf seine Beschleunigung zu reduzieren greift zu kurz. ‚GTS‘, das steht für ‚Grand Turismo Sport‘. Also die Symbiose von Tour und Sport. Porsche stimmt diese Fahrzeuge in der Regel besonders sportlich ab und auch unser Taycan bringt in der Serienausstattung schon einige der Fahrdynamik zuträgliche Ausstattungspunkte mit. Doch dazu später mehr. Beginnen Wir zuerst mit einem kurzen Rückblick.
Technische Verwandschaft: Audi e-tron GT
Im Dezember 2021 beehrte uns der Audi etron GT quattro (Test), der auf der gleichen technischen Plattform steht wie der Taycan. Somit gleichen sich auch einige technische Daten wie die Akkugröße (brutto 93,4 kWh, netto 83,7 kWh) und die Verwendung von permanent Synchronmaschinen an Vorder- und Hinterachse. Im Gegensatz zum e-tron GT leisten diese im Taycan GTS allerdings bis zu 598 PS im Launch-Modus (e-tron GT quattro: kurzzeitig 530 PS). Das größte Problem des e-tron GT damals: Bei zugegeben sehr kühlen Außentemperaturen erreichte dieser nur eine Alltagsreichweite von etwa 300 Kilometern. Interessant ist also die Frage, ob der Taycan hier nennenswert besser abschneidet. Auf dem Papier bringt der Taycan immerhin einen besseren cw-Wert mit (0,22 statt 0,24).
Im Verbrauch nur Mittelmaß
Trotzdem bleibt der Stromverbrauch im Taycan hoch. Unter 20 kWh auf 100 Kilometer (Autobahn, 90 kmh) geht praktisch nichts. Im Alltag liegt der Verbrauch bei uns eher bei 23-27 kWh auf 100 Kilometer. Hier bleibt der Taycan genau wie der e-tron GT hinter der Konkurrenz von Mercedes-Benz (EQE 500 4matic) oder sogar dem SUV BMW iX 50xdrive (Test) zurück. Realistisch ist im Alltag bei zurückhaltender Fahrweise eine Reichweite von etwa 350 bis 360 Kilometern. Das sollte der Reichweite des e-tron GT bei sommerlichen Temperaturen entsprechen. Immerhin lädt der Taycan GTS wie der Audi mit bis zu 270 kW Leistung nach. Wir konnten die angegebene Ladezeit von 10 auf 80% in 23 Minuten sogar unterbieten. Nun aber genug zu Reichweite und Ladeleistung, schließlich ist ein Porsche zum Fahren gemacht. Und ein GTS ganz besonders.
Fahrdynamik: Ein echter Porsche!
Wie oben schon geschrieben bringt der Taycan GTS schon einige Fahrdynamik-Extras mit, wie die das aktive Fahrwerk PASM und die exzellenten 18-fach verstellbaren Sportsitze. Darüber hinaus hat Porsche dem Testwagen noch weitere Fahrwerk-Extras im Wert von gut 5600€ in Form von Wankausgleich (PDCC) und Hinterachslenkung mit Servolenkung Plus spendiert. Für die 21“-Felgen im RS-Spyder Design werden weitere 2630€ fällig. So ausgestattet fährt der Taycan GTS dann auch so grandios, wie man es von einem Porsche erwartet.
Der Taycan GTS lenkt punktgenau ein, folgt der angepeilten Linie spielerisch ohne jegliches Wanken und beschleunigt dann aus der Kurve E-Auto typisch ansatzlos und ohne spürbaren Traktionsverlust. Dabei bietet das Lenkrad ein angenehm hohes Lenkmoment mit dem sich der Lenkwinkel wunderbar dirigieren lässt. Mit etwas Übung lassen sich auch die 305 mm breiten Hinterreifen in den Zustand der Gleitreibung versetzen, dann lässt der Taycan GTS das Heck leicht auskeilen. So oder so erzielt der Taycan immense Kurvengeschwindigkeiten, welche von den meisten Fahrern aber vermutlich nicht erreicht werden.
Besonders problematisch zeigte sich in der Vergangenheit das Bremsgefühl bei Elektrofahrzeugen, da hier je nach Akkuladestand und -temperatur per Rekuperation, per Bremse oder einer Kombination von beiden Systemen verzögert wird. So hatten wir beim Mercedes-Benz EQS gelegentlich Angst vor Bremsenversagen, da die Stahlbremse erst nach sehr langem Pedalweg zupackte. Ganz anders beim Taycan GTS. Die Bremse arbeitet hier stets knackig, ein Übergang von Rekuperation zu Stahlbremse ist praktisch nicht zu spüren. Auch die Verzögerungsleistung der bei uns verbauten Serienbremse lässt im öffentlichen Straßenverkehr keine Wünsche offen. Lediglich bei extrem starken Bremsungen auf der Autobahn wird das Fahrzeuggewicht von knapp 2,4 Tonnen spürbar. Entsprechend bietet Porsche zwei Optionsbremsen an. Dass Porsche hier in Sachen Sport keine Kompromisse eingeht zeigt sich auch daran, dass im ‚Sport Plus‘-Modus bei hoher Akkutemperatur auch mal die Kühlung des Innenraums limitiert wird. Hier geht Performance vor Komfort.
Taycan GTS ST: Vernünftige Platzverhältnisse
Typisch für die Fahrzeuge aus dem Hause Porsche ist allerdings auch, dass sie – abgesehen von den extremen ‚RS‘-Modellen – auch im Alltag gut funktionieren. Wir haben uns hier ganz bewusst für die neueste Karosserievariante entschieden, den ‚Sport Turismo‘. Anders als beim ‚normalen‘ Taycan fällt hier die Dachlinie ab der B-Säule nicht so stark ab, was den Fahrgästen in Reihe zwei 45 Millimeter zusätzliche Kopffreiheit beschert. Damit sitzen Menschen bis etwa 1,85 Meter gut auf der stark konturierten Sitzbank und auch der Autor mit 2,02 Meter Größe findet noch ausreichend Platz.
Dazu ist unser Testwagen standesgemäß mit dem GTS-Interieur-Paket für 3987€ ausstaffiert. So ist der Taycan GTS großzügig mit Race-Tex-Microfaserstoff ausgeschlagen, zahlreiche Nähte und die Sicherheitsgurte sind zudem in karminrot ausgeführt, was natürlich perfekt mit der Außenfarbe karminrot (2380€) harmoniert. Natürlich lassen sich auf Wunsch noch weitere Elemente wie die B-Säule mit Race-Tex beziehen, sofern das Bankkonto gut genug gefüllt ist. So oder so ist die Verarbeitung top.
Assistenz? Ja, gegen Aufpreis
Da der Taycan allerdings vermutlich von den meisten Käufern nicht nur flott über die Landstraße bewegt wird lohnt ein Blick auf die verfügbaren Assistenzsysteme. Auch hier gilt: Porsche bietet umfangreiche Fahrassistenz – man muss sie sich aber auch leisten können und wollen. Wer sich beim Geschwindigkeit- und Spurhalten auf der Autobahn unterstützen lassen möchte muss stolze 3070€ in ‚InnoDrive‘ investieren. 1094€ verlangt Porsche für den schlüssellosen Komfortzugang. Für die 360°-Kamera werden 1416€ fällig. Wer das Fahrzeug automatisch einparken lassen möchte (im Fahrzeug oder per Smartphone-App) muss weitere 2148€ investieren. Immerhin beinhaltet dieses Paket auch den Totwinkelwarner. Doch selbst eine elektrische Heckklappe lässt sich Porsche mit 625€ bezahlen. Da wirken die 1595€ für das Head-Up-Display fast schon günstig.
Ambitionierte Preisgestaltung beim Taycan GTS ST
In Hinsicht auf den recht hohen Stromverbrauch eine besondere Empfehlung erhält von uns zudem der optionale 22kW-Lader (1666€). So ausgestattet lädt der Taycan GTS in etwa fünf Stunden an AC-Ladesäulen voll. Mit dem serienmäßigen 11kW-Lader steigt die Ladezeit entsprechend auf neun Stunden. Ebenfalls empfehlenswert ist die Investition von 845€ in die Wärmepumpe, welche die Reichweite im Winter erhöht.
Mit dem Taycan GTS Sport Turismo schafft Porsche einen faszinierenden Spagat zwischen Sportwagen und Reisemobil. Allerdings auch zu einem Preis, der für den sich in manchen Teilen Deutschlands Wohnungen und Häuser erwerben lassen. Der Taycan GTS Sport Turismo startet derzeit ab 135.166€, für unseren stilsicher konfigurierten Testwagen werden gut 178.000€ fällig. Wer vom Thema Elektromobilität (noch) nicht überzeugt ist, kann übrigens für gut 5000€ mehr einen vergleichbar ausgestatteten Panamera GTS Sport Turismo mit V8-Biturbo beim Porschehändler bestellen.
Hier gibt es die Konfiguration unseres Testwagens als PDF: Fahrzeuginformationen Taycan GTS Sport Turismo
Technische Daten Porsche Taycan GTS Sport Turismo:
Beschreibung | Daten |
Leistung (bis zu) | 380 kW / 517 PS |
Leistung bei Launch-Control | 440 kW / 598 PS |
Drehmoment bei Launch-Control | 850 Nm |
Getriebe | Vorderachse: 1-Gang-Getriebe, Hinterachse: 2-Gang-Getriebe |
Beschleunigung 0-100km/h | 3,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h (abgeregelt) |
Antriebsart | variabler Allradantrieb |
Abmessungen (Länge x Breite x Höhe | 4,96m x 1,97m x 1,39m |
Gewicht (leer mit Fahrer 75kg) | 2385 kg |
Erzielter Testverbrauch | 23 - 27 kWh/100km |
Reichweite (laut Hersteller (WLTP) / Test) | 424-490km / ca. 350km |
Preis (Basis / Testwagen) | 135.166€ / 178.440 € |