Infiniti, die Luxusmarke Nissans, stellt momentan seine neue Sportlimousine Q50 in Barcelona vor. Ich hatte die Gelegenheit, sowohl die vollausgestattete Hybridversion (3.5h, 364 PS), als auch den 2.2 Liter Diesel (2.2d, 170 PS) Probe zu fahren. Neben einem komplett neuen Design, fortschrittlicher Assistenzsysteme und einer Neuentwicklung des Infotainmentsystems hat der Q50 als weltweit erstes Fahrzeug Steer-by-Wire-Technik an Bord, die Lenkimpulse werden rein digital auf die Vorderräder übertragen.
Der Q50 ist Infinitis erstes Fahrzeug aus der Reihe “Q”: Die japanische Luxusmarke ist nämlich aktuell im Begriff, alle Modelle umzubenennen und ihnen ein Q und eine Zahl zu verleihen. So wird aus dem Infiniti G der Q60, aus den FX-Crossovermodellen werden Infiniti QX.
Das Design des Q50 entstammt verschiedener Konzeptstudien. Für eine besonders ausdrucksstarke Front sorgen die dynamisch langgezogenen Scheinwerfer, deren Form des Tagfahrlichts, sichelförmig angeordnete LEDs, in den Heckscheinwerfern fortgesetzt wird. Gerade im Bereich der Motorhaube sorgt eine starke Linienführung für ein muskulöses Erscheinungsbild.
Vom Flughafen Barcelona aus ging es etwa 80 Kilometer in den Norden zu einer Teststrecke. Der erste Testwagen sollte ein Q50S mit der 3.5h-Motorisierung sein. Zum ersten Mal Platz genommen fielen zunächst die bequemen Sitze auf: Insbesondere die Kopfstütze ist hier relativ stark nach vorne geneigt, was sich in Kombination mit der restlichen Form sehr bequem anfühlt. Auch am Seitenhalt scheitert es nicht: Die Sitzwangen des Fahrersitzes können elektrisch enger oder weiter eingestellt werden. Auch sonst ist der Komfort- und Wohlfühlfaktor im Cockpit hoch: Viel Leder, weiße Doppelnähte und silberne Designelemente sorgen für Eleganz. Im Gegensatz zum Infiniti QX70 erkennt man Multifunktionslenkrad immer weniger die Abstammung Infinitis von der Dachmarke Nissan. Das Lenkrad wirkt nicht nur wesentlich hochwertiger, auch sein Bedienkonzept wurde deutlich verbessert. Wie die Sitze ist seine Position elektrisch verstellbar. Im Font gibt es genügend Platz für weitere Mitfahrer, auf dem Foto ganz unten ist zu sehen, dass der Kofferraum (500 Liter Volumen) einen Kabinentrolley, einen Rucksack und eine Kameratasche problemlos verschwinden lässt.
Das einzig verfügbare Getriebe in Verbindung mit der 3.5h Motorisierung ist eine 7-Gang Automatik. Hat man den Drive-Modus gewählt, eine separate Fahrstufe S gibt es nicht, rollt man zunächst lautlos vom Parkplatz: Man startet im Elektromodus, welcher, wie üblich bei Hybridsystemen, natürlich möglichst lange versucht, ohne ein Anlassen des Benziners auszukommen. Geht man sorgsam mit dem Gaspedal um, hat der Elektromotor (67 PS) und vor allem die Akkus (50 kW Kapazität) keine Probleme, im dichten Stadtverkehr viele Minuten rein elektrisch zu rollen. Der V6 Benziner (302 PS) bleibt aus, das spart ordentlich Kraftstoff. Extrem gut gefällt mir der Gegensatz dazu: Das Gaspedal schnell mehr als die Hälfte durchgedrückt springt der Verbrennungsmotor an. Beschleunigt man mit ihm, hat das so gar nichts mehr mit biederem Hybrid-Fahren zu tun: Er reagiert sehr schnell auf Beschleunigungskommandos und klingt auch noch richtig gut. Nicht brüllend und fauchend laut, aber kraftvoll und deutlich wahrnehmbar. Eine kleine Hörprobe habe ich in diesem Instagram-Video festgehalten. Von 0 auf 100 km/h geht es in 5,1 Sekunden. Der Elektromotor ist immer unterstützen dabei. An Traktion scheiterte es mit meinem Q50 mit Heckantrieb nicht, wenn gewünscht, kann er auch mit Allradantrieb geliefert werden.
Mit dem Fahrmodus-Wahlschalter neben dem Automatikhebel kann zwischen einem ECO-, Comfort- und Sportmodus gewählt werden. Dementsprechend wird entweder versucht, häufig zu rekuperieren und den Elektromotor zu nutzen, die Empfindlichkeit der Gasannahme angepasst oder die Lenkkraftunterstützung variiert. Die 7-Gang Automatik schaltet in jeder Situation nahezu unbemerkt genau nach meinem Geschmack, weshalb ich die Schaltpaddels am Lenkrad kaum benutzt habe. Möchte man aus dem Stillstand schnell beschleunigen, genehmigt sich der komplette Antriebsstrang (Hybrid- & Benzinmotor) gerne einen kleinen Moment, bis es dann aber umso heftiger losgeht. Ob diese “Bedenksekunde” am Automatikgetriebe oder am Abtrieb liegt, kann ich nicht sagen. “Direct Adaptive Steering” nennt sich die voll-digitale Lenkung des Infiniti Q50. Alle Lenkbewegungen des Fahrers werden digital auf die Vorderräder übertragen. Man benötigt hierbei einen deutlich geringeren Lenkeinschlag als bei herkömmlichen Systemen, die Lenkung reagiert außerdem äußerst schnell und präzise. Insbesondere auf Serpentinenstraßen kann man damit eine Menge Spaß haben. Wie sich die Lenkung im Detail anfühlt, habe ich in diesem Artikel ausführlich erklärt. Nach etwa 150 Testkilometern, bestehend aus Autobahnen, Landstraßen und etwas Stadtverkehr, lag der Verbrauch bei knapp 8 Litern auf 100 km. Da man gerade bei der kurzen Zeit bei Fahrveranstaltungen alles andere als effizient fährt ein echt guter Wert.
Nochmal deutlich vernünftiger geht es mit dem neuen 2.2 Liter Vierzylinder Diesel im Q50 aus dem Hause Daimler zu. Bisher hatte Infiniti ja nur einen V6-Diesel im QX70 im Angebot. Der neue Diesel ist im Gegensatz zur Hybridversion neben der 7-Gang Automatik auch mit Handschaltung lieferbar. Im kurzen Test mit dem Automatikgetriebe hat er mich ziemlich überzeugt: Auch im Vergleich zu den 364 PS des 3.5h fühlen sich die 170 Diesel-PS nicht schwach an. Das Leergewicht von etwa 1.7 Tonnen stellt hier kein Problem dar. Aus dem Stand ist man in immerhin 8,5 Sekunden bei 100 km/h angelangt, ein Drehmoment von 400 Nm sollte auch absolut ausreichend sein. Statt V6-Sound oder leisem Hybrid-Segeln klingt er aber eben deutlich nach Diesel. Trotz dynamisch gefahrener Landstraßenetappen meldete er einen Durchschnittsverbrauch von nur etwa 6 Litern auf 100 km.
Hat eine Sportlimousine so viel Hightech wie ein Steer-by-Wire System an Bord, dürfen auch Assistenzsysteme nicht fehlen. Infiniti stellt im Q50 erstmals den Spurhalteassistenten ACL, Active Lane Control, vor. Dieser Assistent soll ein Fahren “wie auf Schienen” ermöglichen. Eine Kamera erkennt die Fahrbahnmarkierungen, das System verhindert durch Lenkeingriffe das Verlassen der Fahrspur. Im Gegensatz zu vielen anderen Systemen nutzt der Q50 zum Lenken hier seine Steer-by-Wire Lenkung und muss keine einzelnen Räder abbremsen. Da das System rein unterstützend wirken soll, können engere (Autobahn-)Kurven aber nicht autonom gefahren werden. Es ist in etwa mit den aktiven Spurassistenten im Audi A3 oder Seat Leon vergleichbar. Noch deutlich besser gefällt mir der bereits bekannte Distance Control Assist, eine adaptive Geschwindigkeitsregelung über den gesamten Geschwindigkeitsbereich, die durch extrem sanfte und effiziente Bremseingriffe überzeugt. Auch ein Toter-Winkel-Assistent und ein Notbremsassistent sind vorhanden.
Das Infotainmentsystem “InTouch” erstreckt sich im Q50 serienmäßig auf 2 Touchscreens. Grundsätzlich zeigt der Obere die Navigationsdaten wie die Karte an (wenn vorhanden), unten werden eher Fahrzeugparameter wie der Setup der Lenkung und des Fahrmodus, die Klimatisierung oder Apps wie ein Browser oder eMailpostfach angezeigt. Leider wiederholen sich Informationen wie z.B. die aktuell gewählte Temperatur unnötiger Weise auf beiden Anzeigen. Während der Obere Touchscreen z.B. aus dem Nissan 370Z oder Murano bekannt ist, bringt der Untere eine deutlich höhere Auflösung und eine (noch) bessere Touch-Bedienbarkeit mit. Letzterer ermöglicht ein wirklich unkompliziertes, schnelles Wechseln der Menüs und ein einfaches Anpassen Fahrzeugeinstellungen auch während der Fahrt. Die wichtigsten Informationen stellt nochmal ein hochauflösender, farbiger Bordcomputer in der Tachoeinheit dar. Eines meiner Highlights für den Alltag ist die Surroundview Ansicht, sozusagen eine Draufsicht auf das Fahrzeug. Mehrere Kameras am Fahrzeug erstellen (“stitchen”) dieses Videobild. (Siehe Fotogalerie unten) Neben einem Joystick unterhalb des Automatikhebels, mit dem man das Infotainmentsystem ebenfalls bedienen kann, hat man mit einem weiteren Button ständig die Möglichkeit, die Umgebungsansicht und auch eine Ansicht nur für die Front des Fahrzeugs anzuzeigen. Bei Hindernissen wie hohen Bordsteinen vorne, die sonst nur schlecht einsehbar sind, ist das extrem praktisch.
Der Infiniti Q50 3.5h überzeugt durch sein Antriebskonzept, mit dem man sowohl effizient durch die Stadt als auch rasant über Landstraßen fahren kann. Als bislang einziges Fahrzeug besitzt er außerdem ein Steer-by-Wire Lenksystem, fortschrittliche Assistenzsysteme sind ohne hohe Aufpreise lieferbar. Der 2.2 Liter Diesel hat beste Chancen, es als Business-Limousine in so manche Fahrzeugflotte zu schaffen.
Auch mein-auto-blog.de, autogefühl.de und autophorie.de haben den Infiniti Q50 schon gefahren.
Technische Daten und Preise
Infiniti Q50 3.5h Direct Response Hybrid
Motor: V6 Benzin-/Elektro-Hybrid
Hubraum: 3498 ccm
Maximale Leistung V6: 302 PS (222 kW)
Maximales Drehmoment V6: 350 Nm
Maximale Leistung Elektromotor: 67 PS (50 kW)
Maximale Leistung kombiniert: 364 PS (268 kW)
Antrieb: Hinterrad- oder Allradantrieb
Getriebe: 7-Gang-Automatik
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
0–100 km/h: 5,1 Sekunden
Kombinierter Verbrauch: 6,2 l/100 km
Leergewicht: 1.800 Kg
Preis Q50 Premium Executive Hybrid: 51.806 EUR
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Infiniti 2.2d Diesel
Motor: Dieselmotor mit Direkteinspritzung
Hubraum: 2143 ccm
Maximale Leistung:170 PS (125 kW)
Maximales Drehmoment: 400 Nm
Antrieb: Hinterradantrieb
Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe oder 7-Gang-Automatik
Höchstgeschwindigkeit: 231 km/h
0–100 km/h: 8,7 Sekunden
Kombinierter Verbrauch: 4,4 l/100 km
Leergewicht: 1.700 Kg
Grundpreis Q50 Executive Diesel AT: 39.690 EUR
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Text: Matthias Luft, Fotos: Anja Hager, Matthias Luft
Nissan bzw. Inifiniti hat sich da echt nicht lumpen lassen – saubere Aufmachung sowie auch elegantes Design. Werde ich mir mal auch vor Ort anschauen…