Fahrberichte GWM

GWM Wey 03: Hardware hui, Software naja

Bereits 2021 hatten wir die Möglichkeit mit dem WEY Coffee 01 den ersten Aufschlag der Marke in Europa zu fahren – oder besser: mitzufahren (Testbericht & Testvideo). Damals waren wir vom Coffee 01 recht angetan: Kraftvoller Antrieb, komfortables Fahrwerk, fein verarbeiteter Innenraum. Doch seitdem ist es ruhig geworden um die Marke. Das Kraftfahrtbundesamt weist für den Zeitraum Januar bis September 2023 gerade einmal 15 Neuzulassungen des Coffee 01 aus. Also wenig passiert in den letzten zwei Jahren?

Nun, das ist nicht ganz richtig. Aus der Marke WEY ist nun GWM (Great Wall Motor) geworden, das Modell Coffee 01 heißt jetzt Wey 05.. Zudem steht mit dem Wey 03 der kleine Bruder des Wey 05 zur Ausfahrt bereit. Außerdem hat GWM in der Zwischenzeit auch eine zweite Submarke, nämlich Ora, auf dem deutschen Markt etabliert. Diese vollelektrische Marke wird übrigens auch zur Modellreihe degradiert. Im Hause GWM ist also durchaus einiges passiert, nur mit dem Vertrieb lief es nicht so gut, was nun die Emil Frey Gruppe als Vertriebspartner ändern soll.

GWM Wey Ora Modellfamilie

GWM-Familienfoto: Während Wey 05 (silber, rechts) und der etwas kleinere Wey 03 (dunkelblau, links) auf eine Plug-In-Antriebsstrang setzen, fährt der Ora 03 (hellblau, Mitte) immer vollelektrisch. (Quelle: GWM)

Wey 03 mit konkurrenzlosem Antriebskonzept

Doch zurück ins hier und jetzt: Für die Ausfahrt rund um Rom steht der 4,67 Meter lange Wey 03 bereit, der mit Premiumanspruch gegen BMW X3, Audi Q5 und Co antreten soll. Besonderheit: Der Wey 03 kommt immer mit Hybrid-Antriebsstrang samt 34 kWh-Batterie und ermöglicht somit eine elektrische Reichweite von 122 (Frontantrieb) bzw. 134km (Allrad). Als Sahnehäubchen kann der Wey 03 sogar an der Schnellladesäule mit bis zu 50 kW geladen werden.

Wir starten unsere Ausfahrt mit der Frontversion des Wey 03, die ihre Leistung aus einem 2,0 Liter großen Vierzylinder (204 PS) samt ins 9-Gang-DCT integrierter E-Maschine (163 PS) schöpft. Systemleistung: Stramme 367 PS und 500 Nm Drehmoment. Das sorgt dafür, dass die Vorderräder beim Beschleunigen aus dem Stand öfter mal um Traktion ringen. Doch der Wey 03 gibt sich eher als komfortabler Gleiter, denn als Sport-SUV. Klar, der Spurt auf 100 gelingt in zügigen 7,3 Sekunden. Doch die Stärke des Wey 03 liegt eher im leisen, vollelektrischen Dahingleiten. Dabei filtert das komfortable Fahrwerk einen Großteil an Bodenwellen aus dem Fahrbahnbelag. Zum entspannten Gleiten passt dabei auch die recht leichtgängige Lenkung. Auch sonst fühlen wir uns im Wey 03 wohl, die Materialwahl ist gut, genau wie die Verarbeitung.

GWM Wey 03 Heckansicht

Beim Exterieurdesign setzt man beim Wey 03 eher auf unaufgeregte Formen, statt auf ein polarisierende Gestaltung. Nur am Chrom wurde nicht gespart. (Quelle: GWM)

Wer sich noch mehr Leistung wünscht kann alternativ auch zur Allradvariante greifen. Hier erstarkt der Antriebsstrang dank einer zusätzlichen E-Maschine an der Hinterachse auf 442 PS und 685 Nm. Der Sprint auf 100 gelingt hier in 5,3 Sekunden, was schneller ist, als ein aktueller Golf 8 GTI Clubsport. Da der Allradler im reinen E-Modus zudem mit Heckantrieb fährt, steigt die Reichweite hier um einige Kilometer, da Reibungsverluste im DCT entfallen.

Baustelle Software im Wey 03

Nachholbedarf gibt es dagegen bei den Assistenzsystemen. Auf dem Papier ist der Wey 03 hier auf der Höhe der Zeit und bietet neben dem adaptiven Tempomat auch eine Warnung beim Spurverlassen. Betätigt man den Schalter zur Tempomatsteuerung zweimal, so wechselt der Wey in den Modus der aktiven Spurmittenführung, was auf der Autobahn auch ordentlich funktioniert. Nervig dagegen: Der Wey warnt auf engen Straßen quasi ständig akustisch und haptisch vor dem Verlassen der Fahrbahn, das System arbeitet hier deutlich zu sensibel. Da hilft also nur eins: abschalten, und zwar nach jeden Fahrzeugstart. Gleiches gilt für die sehr sensible Aufmerksamkeitswarnung. Wer während der Fahrt den Blick zum Infotainmentbildschirm wendet, wird vom Wey 03 häufig verwarnt.

GWM Wey 03 Cockpit

Eigentlich Alles da, um sich im Innenraum wohl zu fühlen: Komfortable Sitze, feine Materialauswahl, umfangreiche Ausstattung. Wenn da nur die nervige Software nicht wäre. (Quelle: GWM)

Auch bei der grundsätzlichen Bedienung des Infotainmentsystems gilt es im Hause GWM noch einige Hausaufgaben zu erledigen. So erscheint uns die Bedienung mittels Zoomgeste zum Wechseln zwischen den verschiedenen Fahrzeug-Apps wenig intuitiv, zumal auch die einzelnen Apps teilweise recht verschachtelt aufgebaut sind. Weniger leicht zu optimieren dürfte dagegen der – für unseren Geschmack – fehlende Lautstärkeregler sein. Eine gute Alternative für Navigation und Musik ist hier die Verwendung von Android Auto oder Apple Carplay. Wobei es bei der Verwendung von Android Auto mit unserem Samsung Galaxy S23 Ultra immer wieder zu Aussetzern bei der Musikwiedergabe kam. Dieses Phänomen konnten wir zuletzt 2019 beim VW Golf 8 beobachten. Hier hat GWM also noch einige Hausaufgaben zu erledigen.

Fazit

Die Hardware ist also da, das Hybridkonzept mit großen Akku ermöglicht im Alltag quasi permanentes Fahren mit dem E-Antrieb. Nachbessern sollte GWM allerdings bei der Software. Dann kann es der Wey 03 – auch dank des vorsichtig geschätzten Preises ab etwa 45.000€ – auch mit der deutschen Konkurrenz aufnehmen.

Technische Daten GWM Wey 03

Abmessungen (Länge x Breite x Höhe)4,67m x 1,89m x 1,73m
Hubraum1998ccm
Motorkonzept4-Zylinder-Turbobenziner
Leistung Verbrenner bei Drehzahl150kW / 204PS bei
Drehmoment Verbrenner bei Drehzahl320Nm bei 1500rpm (?)
Leistung E-Motor120kW / 163PS
Drehmoment E-Motorca. 300Nm
Systemleistung 270kW / 367PS
Systemdrehmoment500Nm
Getriebe9-Gang-DCT
AntriebsachseVorderachse
Sprintzeit 0-100km/h7,3s
Höchstgeschwindigkeit230 km/h
Elektrische Reichweite (WLTP / realistisch)122km / über 100km
Verbrauch (Hersteller / Test)0,5L+ 25,2 kWh
Leergewicht inklusive Fahrer2100kg
Grundpreis / Testwagenpreisüber 45.000€ / etwa 50.000€

Über den Autor

Jonas Braunersreuther

Autor Jonas Braunersreuther interessiert sich von Kindesbeinen an für sportliche Autos und Zweiräder sowie neue Entwicklungen auf dem Automobilmarkt.

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