Über die Weihnachtstage war ich mit dem Volvo XC60 D4 mit Allradantrieb, 163 Diesel-PS und Automatikgetriebe unterwegs. Der XC60 hat Anfang 2013 ein kleines Facelift erhalten, in dessen Rahmen die Tagfahrlicht-LED-Bänder weiter unten angeordnet und unter anderem der Volvo-typische Kühlergrill neu gestaltet wurde. Auch wenn der XC60 in Weiß auf meinen Schneefotos keinen richtigen Kontrast erreicht gefällt mir das Design sehr gut und ist meiner Meinung nach das aktuell schönste aus Volvos Modellpalette. So ähnlich sehen das auch die Käufer, denn der XC60 ist der meistverkaufte Volvo. Besonders gut gelungen sind die Anordnung des Tagfahrlichts, welches auch ein orangenes, horizontales LED-Band beinhaltet sowie das Design der 18 Zoll Alufelgen namens “Pan”.
Interieur: Massiv
Nach dem ersten Einsteigen fühlt man sich im XC60 ziemlich schnell sehr sicher. Die Türen, das Lenkrad, die Sitze, die Instrumente – alles fühlt sich sehr wertig und massiv an. Der Komfort kommt hier nicht zu kurz: Die Sitze sind, auch auf der Langstrecke, so bequem wie in keinem anderen SUV, das ich im letzten Jahr gefahren bin. Dank der Lederkombi in den Farben Schwarz und Beige sehen sie auch noch super aus. Sehr gut gefallen haben mir auch die zahlreichen weißen Nähte um die Designelemente rund um das Cockpit. Aufgrund einer Vielzahl an kleinen schwarzen Knöpfen sind die Bedienelemente der Mittelkonsole zwar bei der ersten Fahrt nur schwer zu überblicken, nach ein paar Tagen weiß man aber in etwa, wie man Navi, Infotainment und das Car-Setup zu bedienen hat. Ungemein praktisch im Alltag ist das Multifunktionslenkrad: Die linke Seite dient der Steuerung der adaptiven Geschwindigkeitsregelung ACC, rechts lässt sich das Infotainmentsystem, auch mittels eines Drehknopfes zur Titel- oder Senderwahl, bedienen. Positiv sind mir häufig Dinge wie die hochwertigen, absolut nicht wackeligen Schaltpaddels oder die Hebel für Scheibenwischer/Blinker aufgefallen. Das Navigationssystem überzeugt durch ein allzeit gut ablesbares Display, lässt aber in Sachen Geschwindigkeit z.B. bei der Zieleingabe manchmal etwas auf sich warten.
Ein Highlight ist für mich der voll-digitale Tacho, es gibt also keine herkömmliche Tachonadel mehr. Dieses Display macht auch bei starker Sonneneinstrahlung keinerlei Probleme und kann entweder als “biederer” Tacho, also ECO-Tacho oder im sportlich rotem “Performance Mode” betrieben werden. Da ein hochauflösendes Display mit einem darum gebauten analogen Tacho oft unharmonisch wirkt, ist die Lösung des XC60 nach meinem Geschmack perfekt. Neben einer großzügigen Rundumsicht nach draußen und Einstellungs-Optionen, die ein automatisches Herunterfahren der Außenspiegel beim Rückwärtsfahren ermöglichen, bietet der XC60 eine Menge Platz. Im Fond haben (getestet) 3 Erwachsene auch auf der Langstrecke relativ viel Platz und Kopffreiheit, im Sommer macht außerdem Freude, dass die Lüftungsdüsen für die Passagieren hinten an den jeweiligen B-Säulen direkt an den Fenstern und nicht wie sonst häufig im Mitteltunnel integriert sind. Im Winter ist die beheizbare Frontscheibe, die sich durch feine, nahezu unsichtbare Drähte im Glas bemerkbar macht und sich selbst in kürzester Zeit von Eis befreit, ein Must-have.
Fahrverhalten
In der Variante D4 arbeitet im XC60 ein 5-Zylinder Diesel mit 2.4 Litern Hubraum, einer Leistung von 163 PS und einem maximalen Drehmoment von 420 Nm. Für flotte Sprints mit dem gut 1.9 Tonnen schweren Fahrzeug reicht das völlig aus (0-100 km/h: 10,9s), einen potenten Sound bringt das Dieselaggregat ebenfalls mit. Das 6-Gang-Automatikgetriebe “Geartronic” funktioniert im Stadtverkehr absolut ruhig, gerät aber auf schnellen Bergauf-Etappen manchmal in Hektik und schaltet gerne mal 1-2 mal mehr als nötig. Die Länge der Zugkraftunterbrechung während der Schaltvorgänge geht in Ordnung. Volvo hat, zumindest für den T5 Benziner, auch ein 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe namens Powershift im Programm. Mein Testwagen war mit permanentem Allradantrieb “PreTension” ausgestattet. Beim XC60 bedeutet das, dass, sobald das elektronisch geregelte System einen Traktionsverlust erkennt, maximal 65% der Antriebskraft stufenlos über eine Haldex-Kupplung auf die Hinterräder umgeleitet werden. (Normalerweise: 95% auf der Frontachse.) Hierzulande lässt der Winter noch auf sich warten, zumindest an einem Tagesausflug zum Spitzingsee in den bayerischen Alpen lag etwas Schnee, wo der XC60 auf steilen Parkplätzen beim Ausparken vielen Räder-durchdrehenden Kleinwagen davon fahren konnte. Eine wirkliche Herausforderung war das für ihn aber nicht. Bei hohen Geschwindigkeiten bleibt er – trotz seiner Ausmaße auch Wind-mäßig – sehr ruhig, die Abstimmung der Lenkung sorgt auch in schnellen Autobahnkurven für ein hohes Stabilitäts- und Sicherheitsgefühl. Zum präzisen Fahrverhalten trägt auch das aktive Fahrwerk bei, bei dem die Abstimmung der Stoßdämpfer in 3 Stufen variiert werden kann. 7,8 Liter Diesel / 100 km habe ich über knapp 2.000 Testkilometer verbraucht. (Berechnet, Bordcomputer identisch) Darin enthalten sind zum größten Teil Autobahnetappen mit 130 km/h und eine relativ sparsame Fahrweise. Das ist ein Stück mehr als die Werksangabe, die ohnehin kein Fahrzeug einhält, für den 5 Zylinder-Motor und das relativ große Fahrzeug ist das aber auf jeden Fall in Ordnung.
Für etwas mehr als 2.000 EUR kann man für den XC60 das Fahrassistenzpaket Pro bestellen. Dieses beinhaltet das aktive Geschwindigkeits- und Abstandsregelsystem mit Stau-Assistent und Distanzwarner, den Bremsassistent Pro, Driver Alert zur Warnung bei Übermüdung und unbeabsichtigtem Verlassen der Fahrspur, das radarbasierte Blind Spot Information System (BLIS) zur Überwachung des toten Winkels, den neuen intelligenten Fernlicht-Assistenten, Cross Traffic Alert (mehr unten) sowie die Verkehrszeichen-Erkennung.
Spaß im Stau: Perfekt abgestimmte Adaptive Cruise Control
Die Funktion einer Adaptive Cruise Control (ACC) ist mittlerweile vielen Autofahrern bekannt: Dieser “adaptive Tempomat” kann autonom bremsen und somit Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten. Im letzten Jahr habe ich viele verschiedene ACCs ausprobiert, die Funktion des Volvo ist wohl eine der derzeit besten: Sie funktioniert noch besser als die schon gelobte Fahrassistenz im Audi A3, insgesamt würde ich sie mit dem System der neuen E-Klasse vergleichen. Mit der adaptive Cruise Control des XC60 lange Strecken auf der Autobahn fahren ist einfach extrem entspannt: Ihr passieren nahezu keine Fehler. Fehler, das heißt z.B., dass gebremst wird, obwohl man nur auf der Überholspur in einer Kurve auf ein Fahrzeug in der rechten Spur zufährt. Besonders angenehm ist auch, dass jeder Bremsvorgang extrem sanft eingeleitet wird: Es wird beim Annähern an ein langsameres Fahrzeug nicht heftig abgebremst, sondern erst sanft und dann stärker: Das hat den großen Vorteil, dass man kaum Geschwindigkeit verliert, wenn man nach links ausschert um den Vorausfahrenden zu überholen. Simpel und praktisch ist auch, dass der XC60 bereits beim Setzen des Blinkers wieder beschleunigt – man blockiert nicht die linke Spur und muss nicht auf ein Träges Beschleunigen des Systems wie z.B. im Toyota Avensis warten.
Ein weiteres Highlight ist bei der Fahrassistenz die Möglichkeit der ACC, einen Stau zu durchfahren: Hat man sich für ein Automatikgetriebe entschieden, wird jeder Stop-and-Go Verkehr deutlich erleichtert. Das Fahrzeug bremst bis zum Stillstand und kann selbstständig wieder anfahren. Steht man länger als ca. 2 Sekunden still, muss der Fahrer nur das Gaspedal antippen oder eine Taste drücken, um die Erlaubnis zum Weiterfahren, bzw. weiter Folgen zu geben. In langen Staus mit Kriechgeschwindigkeiten kann man dann, wenn es den erlaubt wäre, durchaus mal aufs Smartphone schauen. Auf den Vordermann auffahren wird das System garantiert nicht. Die notwendigen Daten für liefert eine 76-GHz-Radar-Einheit, die im Kühlergrill sitzt sowie eine hochauflösende Kamera.
Volvos Notbrems-System City Safety dagegen ist eher für die Stadt konzipiert und funktioniert bei Geschwindigkeiten bis 35 km/h. Es ist lasergestützt und kann somit im Gegensatz zur ACC auch Fußgänger erkennen. Ein ähnliches System findet sich im Skoda Citigo.
Leider kann der XC60 nicht aktiv lenken, ein Spurhalteassistent mit akustischer Warnung beim Verlassen der Fahrspur ist aber an Bord. Unabhängig von der adaptiven Geschwindigkeitsregelung sorgt der Bremsassistent Pro dafür, dass es auch ohne aktivierten Tempomat schwer wird, auf ein Fahrzeug aufzufahren. Kommt man dem Vorausfahrenden gefährlich nah, warnt das System unübersehbar mit hellen roten LEDs vom Cockpit aus, die sich auf der Fahrerseite in der Frontscheibe spiegeln. (Zu sehen im einem Video zum Volvo V40 Cross Country von ausfahrt.tv) Vom Prinzip her ähnlich einem Headup-Display. Bremst man dann, ist bereits Bremsdruck aufgebaut. Tut man nichts, kann der XC60 auch selbst eine Notbremsung einleiten.
Parksensorik mit Weitblick: Cross Traffic Alert
Die Parkpiepser – mittlerweile kennt sie wirklich jeder und immer mehr Fahrzeuge haben eine Park Distance Control an Bord. Ultraschallsensoren erkennen Hindernisse im Nahbereich. Nachteil: Möchte man Rückwärts ausparken, werden herannahende Autos nicht erkannt. Cross Traffic Alert des XC60 ist das erste mir bekannte System, das auch Fahrzeuge erkennt, die auf mich als Ausparkenden zufahren und weder in den Spiegeln noch in der Rückfahrkamera gesehen werden können. Hierfür macht er Gebrauch von den Radarsensoren, die links und rechts im Heck verbaut sind und als Hauptaufgabe für den Toter-Winkel-Warner BLIS arbeiten. Nähert sich also beim Ausparken von hinten ein Fahrzeug (Reichweite ganze 30 Meter), ertönt ein lauter, hoher, sich von den normalen akustischen Warnungen der PDC unterscheidender Ton – im Display wird ebenfalls eine entsprechende Warnung auf der jeweiligen Seite angezeigt. Man wird also auch bei schnellem, unvorsichtigem Zurückstoßen gewarnt, dass es eventuell gleich eng wird.
Active High Beam Lichtsystem
Die Dual-Xenon-Scheinwerfer des XC60 leuchten nahezu alle Fahrbahnen gut aus. Richtig interessant wird es aber, wenn man durch ein 2-sekündiges Ziehen am Blinkerhebel die Fernlichtautomatik aktiviert: Diese Funktion namens “Active High Beam Control” switcht nicht nur zwischen Fernlicht an und -aus, sondern sorgt für eine extrem intelligentes Fahrlicht. Die Scheinwerfer sind durch kleine Motoren und Spiegel im Inneren in der Lage, ihr Licht genau dorthin zu lenken, wo es gebraucht wird. Ziel ist sozusagen, möglichst immer mit maximaler Lichtleistung, also Fernlicht, zu fahren. Taucht ein Auto vor dem eigenen auf oder nähert sich Gegenverkehr, wird das Fernlicht nicht einfach ausgeschaltet sondern vielmehr “weggelenkt”. Ein Beispiel: Auf einer dunklen Landstraße fährt ein einzelnes Fahrzeug vor mir. Damit dieses nicht geblendet wird, projiziert der XC60 das Xenon Licht komplett um den Vorausfahrenden herum. Manchmal, z.B. wenn der Vordermann plötzlich abbiegt, kann man noch 1-2 Sekunden ein großes schwarzes Viereck, das “freigehalten” wurde, erkennen. Bei entgegenkommenden Fahrzeugen schwenken die Scheinwerfer – fast unbemerkt – einfach weg von der Fahrbahn nach rechts. Auch auf lange Kurven oder verschiedene Geschwindigkeiten passt sich das Fahrlicht an. Eine Kamera in der Frontscheibe ist für das Richtige erkennen der Situationen verantwortlich, Fehler passieren kaum. Neben der ACC ein beeindruckendes Feature, das ich unbedingt dazukonfigurieren würde. Das Licht-Paket kostet gut 1.300 EUR.
Der Volvo XC60 bietet neben einer Menge Platz für Familien ein sehr gelungenes, frisches Design. Überzeugen können außerdem das Fahrwerk und der relativ effiziente D4-Diesel mit 163 PS. Die zahlreichen Komfort- und Assistenzsysteme erhöhen zwar den Grundpreis deutlich, sind aber sehr ausgereift, zuverlässig und die Zusatzkosten wert.
Autophorie.de hat den XC60 Anfang 2013 als D5 mit Chiptuning von Polestar getestet. Außerdem gibt es bei den Kollegen mehr zum neuen D4 Motor (als Vierzylinder) in Verbindung mit der neuen 8-Gang-Automatik. Autogefühl.de hat den neuen D4 mit 181 PS schon im XC60 gefahren.
Volvo XC60 D4 AWD Momentum Automatik
Motor: Fünfzylinder-Common-Rail-Turbodiesel, 1.984 cm3
Getriebe: 6-Stufen Automatikgetriebe Geatronic
0-100 km/h: 10,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h
Leergewicht: 1941 Kg
Verbrauch angegeben: 6,4 Liter / 100 Km (Kombiniert)
[/column] [column grid=”2″ span=”1″] Verbrauch berechnet: 7,8 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Gefahrene Kilometer: 2.000
Kofferraumvolumen: 495 L
Lackierung: Crystal Weiß Perleffekt
Grundpreis: 41.350 EUR (D4 Momentum)
Testwagenpreis: 63.730 EUR
Sonderausstattung (Auszug): Fahrassistenzpaket Pro, Business Paket, Winterpaket, Rückfahrkamera, Lenkradheizung, Heckklappenautomatik, Licht- und Audiopaket.
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Text: Matthias Luft, Fotos: Matthias Luft, Volvo