Manchmal stimmt einfach das Gesamtpaket. Deshalb hat es der Škoda Octavia RS als Limousine auch auf Platz 2 der Top Testwagen 2014 geschafft. Der nun gefahrene Octavia Scout spricht dagegen eine etwas andere Zielgruppe an und bringt zwei Dinge mit, die gerade die Deutschen zu lieben scheinen: Die Möglichkeiten jederzeit ins Gelände zu gehen und zuzuladen. Auch wenn man es nur an wenigen Tagen im Jahr tut.
Rein optisch ist der Octavia Scout im Vergleich zum ästhetischeren RS etwas mehr Geschmackssache. Wie bei den VW-Verwandten Seat Leon Xperience und Golf Alltrack fallen zunächst die Plastikbeplankungen an den Radläufen und die etwas höhere Bodenfreiheit auf. Auch einen angedeuteten Unterfahrschutz (im Alu-Look) ähnlich wie beim Yeti hat man angebracht. Fährt man nicht unbedingt in grober Offroad-Umgebung, bringt das Plastik um die Räder aber auch im Alltag was: Spitzwasser von Regennasser Fahrbahn wird nicht ganz so stark an den Wagen geschleudert. Serienmäßig steht der Scout auf 16-Zoll Alufelgen, unser Testwagen hat die 17-Zöller “Novalis” montiert. Ist das immer noch zu wenig Rad im Verhältnis zur Karosserie, kann man sich 18-Zöller bestellen.
Viele ausgeklügelte Dinge sind es, die den Octavia zu einem sympathischen und nicht ohne Grund 2014 in Deutschland 52.000 (!) mal zugelassenen Fahrzeug machen. Sehen wir uns mal 3 Disziplinen an:
1. Die Urlaubsfahrt
Autostrada bei Bologna im Juni. Die Sonne brennt, es hat schon am Vormittag 28 Grad und wir stehen im Stau. Während das auf den Asphalt abgegebene Kondenswasser der Klimaanlage den Dieselverbrauch um ein weites übersteigt, herrscht im Inneren Wohlfühlklima. Quasi ohne Einschränkungen gegenüber den teurerer Konzernverwandten von Audi und VW arbeitet die 2-Zonen Climatronic absolut zugfrei und hält auch noch serienmäßig die Getränke im Handschuhfach frisch. Auch die rückwärtigen Passagiere freuen sich über frische Luft aus zwei eigenen Lüftungsdüsen. Darunter: Eine 230 Volt Steckdose für 90 Euro Aufpreis. (Klimaanlagen-Frierende können außerdem bei der automatischen Gebläse-Regelung zwischen Intensiv, Normal und sanft wählen.) Während das Columbus Navi die Staudaten auch international scheinbar auf den Meter genau empfängt und über die Canton Lautsprecher die Mitfahrer entertaint, geht es auch auf dem Fahrersitz entspannt zu. Die beiden fortschrittlichsten Fahrerassistenzfunktionen (adaptive Geschwindigkeitsregelung ACC und aktiver Lenkassistenten Lane Assist) kosten im Scout zusammen nur gut 600 Euro und haben es ganz schön in sich.
Zwar kann der Octavia beim Stillstand im Gegensatz zu Audi oder Volvo nicht selbst die Bremse geschlossen halten. Allerdings zögert er, das Automatikgetriebe vorausgesetzt, den Stopp auch geschickt heraus und macht es dem Fahrer bei stockendem Verkehr so komfortabel wie nur möglich. Das Staufolgefahren im Bereich unter 10 km/h funktioniert genau so geschmeidig wie die adaptive Geschwindigkeitsregelung bei höheren Geschwindigkeiten. Bis etwa 10 Sekunden ist man dank des sanften Mitlenkens teilautonom unterwegs, dann bittet der Octavia den Fahrer seine Hände ans Lenkrad zu nehmen. Möchte man die Fahrspur wechseln und blinkt bewusst nicht, erkennt der Lane Assist auch ein absichtliches Spurwechseln und greift dann nicht ein. Beim Abdriften dagegen wird mit der richtigen Dosis Kraft gegengelenkt. Mit der ACC reist es sich in der Einstellung “Sport” am besten. Hier arbeitet sie zwar nicht am effizientesten, man kommt aber schön dynamisch wieder vom Fleck. Entweder wenn der Vordermann wieder nach rechts gefahren ist oder schon wenn man den Blinker nach zum Überholen setzt. Dazu wechselt das DSG gerne auch mal in den fünften Gang zurück.
2. Die Passfahrt
Zusammen mit dem DSG ist der 2.0 TDI mit 184 PS, das kann man nur so sagen, wohl einer der angenehmsten, effizientesten Antriebsstränge derzeit überhaupt. In nahezu allen Drehzahlbereichen gehts ganz schön dynamisch nach vorne und das Direktschaltgetriebe schaltet sowohl ohne Zugkraftunterbrechung als auch in 95% der Fälle wie gewünscht und völlig ohne Hektik. Der Diesel ist übrigens genau so auch im Octavia RS TDI zu finden.
Drehen wir den Turbodiesel aber mal etwas höher: Zum Beispiel auf den Monte Bondone bei Trient. Sind Familie und Gepäck fest verzurrt, dafür sorgen mehrere Vorrichtungen zur Befestigung im Kofferraum, kann das sportfahrerisch ambitionierte Familienoberhaupt mit dem leicht erhöhten Kombi wunderbar um die Kurven hetzen. Die Rede ist vom variablen Allradantrieb: Während sogar der sportliche, deutlich näher über dem Asphalt liegende Octavia RS bei zu viel Gas aufgrund des Frontantriebs gerne mal zum Untersteuern neigt, kommt dem Scout auf Serpentinenstraßen sein Allradantrieb zugute. Droht er auf der Vorderachse an Traktion zu verlieren, wird über die Haldexkupplung der 5. Generation in Sekundenbruchteilen die Hinterachse zur Unterstützung gebeten. Der Fahrer bekommt außer dem Plus an Traktion und einem leichten Brummen davon nichts mit, die Elektronik regelt natürlich alles vollautomatisch. Das tut sie wirklich schnell und zuverlässig, dass rasante Pass-Etappen richtig Spaß machen. Fliegt nicht gerade ein Gepäckstück durch die Luft, kann man direkt vergessen, dass man im Kombi unterwegs ist.
3. Der Arbeitsweg
“Economy” wäre mein Drivemode für den Alltag. Sparsamer ist dann nicht nur die Klimaanlage sondern vor allem der Antriebsstrang. Der Motor nimmt etwas weniger Gas an und das DSG schaltet deutlich früher hoch und kuppelt im Rollen, z.B. bei leichten Bergab-Passagen, aus (Motor im Leerlauf) um ein längeres Ausrollen zu ermöglichen. Mit dem Eco-Mode lässt sich also durchaus Kraftstoff sparen, ohne dass der Fahrer zu sehr bei der Fahrdynamik eingeschränkt wird. Über satte 2.500 Kilometer hat der Scout im Test 6,7 Liter / 100 km verbracht. Mit konsequentem Eco-Mode sollte noch mindestens ein halber Liter weniger möglich sein. Mit der Sechsgang-Handschaltung ist aber, ein vorausschauender Fahrer vorausgesetzt, für gewöhnlich das größte Spritsparpotenzial herauszuholen. Das im Testwagen verbaute, größte Infotainmentsystem “Columbus” ist mit 2.500 EUR teuer, aber sein Geld so sehr wert wie kaum ein anderes. Die Displaygröße, die Toch-Bedienung und die Navigationsführung sind nahezu perfekt und meiner Meinung nach auch dem Audi MMI überlegen. Auch in der Stadt macht sich die Technik wieder bezahlt: Mit dem Front-Assist, einem Notbremsassistenten in mehreren Stufen, (Warnung, Aufbauen von Bremsdruck, Notbremsung) mit dem man quasi niemandem mehr auffahren kann oder auch dem Parkassistenten, der nicht nur längs zur Fahrbahn sondern auch Rückwärts zwischen zwei Fahrzeugen automatisch einparken kann. (Video)
“Scout” bezeichnet beim Octavia nicht nur die höhere Bodenfreiheit und die Plastikbeplankungen, sondern ist gleichzeitig auch eine gut gefüllte Ausstattungsvariante. Innerhalb dieser bringt der Kombi aus dem tschechischen Stammwerk Mladá Boleslav schon jede Menge Funktionalität mit. Wirklich multifunktional ist der Scout deshalb, da er alle seine Aufgaben bestens erledigt. Seien es die oft so wichtigen Ablagen im Inneren, die Zulademöglichkeiten, das Fahrverhalten, die Effizienz oder die Bedienerfreundlichkeit. Mit seinem Allradantrieb minimiert der Scout nicht nur Traktionsprobleme im Winter, sondern kann auf so mancher Straße auch noch richtig sportlich um die Ecken gescheucht werden.
Mehr Fahreindrücke, auch aus dem Offroadbereich, finden sich im Autoaid Blog oder bei Mein-Auto-Blog.
Octavia Combi Scout 2.0 TDI 135 kW 6-DSG 4×4
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Leistung/Drehmoment: 135 kW / 184 PS) / 380 Nm
Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetr.
Antrieb: Variabler Allradantrieb, Haldex 5 Kupplung
0-100 km/h: 7,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 219 km/h
Leergewicht: 1.559 kg
Verbrauch angegeben: 5,0 Liter / 100 Km (Kombiniert)
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Verbrauch berechnet: 6,7 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Farbe: Quarz-Grau Metallic
Kofferraumvolumen: 610 / 1.740 L
Einstiegspreis 2.0 TDI (184PS): 33.190 EUR
Testwagenpreis: 41.920 EUR
Sonderausstattung (Auszug): Kessy, Leder-Alcantara- Ausstattung, Canton Soundsystem, Infotainmentpaket Columbus, Bi-Xenon-Scheinwerfer, Fahrprofilauswahl, Fernlichtassistent.
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