Wenige Autos sind so vernünftig wie der Škoda Octavia. Fast jeder kauft ihn als praktischen Kombi, vermutlich wissen viele potenzielle Käufer nicht einmal, dass es ihn auch als Limousine gibt. Dabei sieht er gerade in der RS Variante (eigentlich “vRS”) richtig gut aus. Wie viel Spaß macht die die kurze, sportliche Version des Octavia mit dem 184 PS Diesel mit Direktschaltgetriebe und wie funktionieren die bei Škoda neuen Fahrerassistenzsysteme?
Man findet sich im Octavia beim ersten Einsteigen sehr schnell zurecht. Auch nach vielen Stunden Fahrt macht sich bemerkbar: Selten ist die Anordnung der einzelnen Elemente und Schalter so gut gelungen. Die Bedienung kann man eigentlich als perfekt bezeichnen, sei es das MuFu-Lenkrad mit seinen Drehreglern, die adaptive Geschwindigkeitsregelung, deren Aktivierung und Einstellung immer sofort gelingt oder das Columbus Infotainment- und Navigationssystem, dessen Touchscreen fast schon auf iPhone-Niveau reagiert. Das Display ist mit 8 Zoll im Verhältnis sehr groß, einzelne Buttons sind so dimensioniert, dass man während der Fahrt nie daneben drückt. Die Karte kann in einem hübschen 3D Modus dargestellt werden, “Sonderziele entlang der Route” und ähnliche Extras sind selbstverständlich. Auch das komplette Fahrzeug-Setup kann über das System bis ins Detail geregelt werden, z.B. die Einstellungen für das automatische Einschalten des Lichts oder die Zentralverriegelung. Das System ist nahezu identisch auch in VWs zu finden, neben Audis MMI ist es mein persönlicher Favorit, die etwa 2.000 EUR Aufpreis ist es tatsächlich wert. DAB+, 2 SD Karten Slots und eine Phonebox mit kontaktloser Verbindung über die Außenantenne (für besseren Handyempfang, funktioniert) – alles dabei.
Der Innenraum des Octavia ist zwar in erster Linie praktisch und simpel, hat sich qualitativ mit der neuesten Generation III nochmal deutlich VW-Premium-Interieur genähert. Softtouch-Materialien an den entscheidenden Stellen und die gemeinsame Nutzung vieler Elemente mit VW sorgen für jede Menge Komfort. Die RS-Sitze, deren Kopfstütze ohne Unterbrechung in die Lehne integriert ist, sehen nicht nur gut aus sondern erlauben auch ein rückenschmerz-freies Fahren von 800 Kilometern am Stück. Ausreichend Seitenhalt ist da, die Sportlichkeit steht aber nicht im Fokus. Schade nur, dass die große, hochauflösende Multifunktionsanzeige genau wie bei Seat Leon oder dem Golf VII immer nur einen Wert pro Seite anzeigen kann – hier wird Platz im Display verschenkt und man kann z.B. den Momentan- und Durchschnittsverbrauch nicht auf einmal sehen. Die Fahrgeräusche gehen in Ordnung, kommen bei den Insassen aber relativ deutlich an – für einen Basispreis von 29.590 EUR (RS Limousine 2.0 TSI) bekommt man eben keine ganz optimale Dämmung wie bei der nobleren Verwandtschaft aus Wolfsburg und Ingolstadt.
Das Beste: Der bewährte 2 Liter Diesel von VW in der “großen” Version mit 184 PS in Kombination mit dem Direktschaltgetriebe, das sich bei Škoda auf dem Automatikwahlhebel ganz einfach als “DSG” ausgibt. Betrachtet man den im Leerlauf stehenden Octavia von außen, klingt er ungefiltert und roh nach einem Diesel. Soundgeneratoren gibt es nicht. Braucht es aber auch nicht: Der 2.0 TDI macht jede Menge Spaß. Die Leistung reicht für richtig ordentliches Beschleunigen und eine Vmax von 230 km/h aus, die ziemlich zügig erreicht wird. Das Doppelkupplungsgetriebe mit 6 Fahrstufen trauen sich mittlerweile – erfreulicherweise – immer mehr frühere Handschalter-Fahrer zu kaufen: Es funktioniert einfach gut, schaltet auch im Škoda nahezu unterbrechungsfrei und hat wirklich immer den passenden Gang blitzschnell verfügbar. Nach wenigen Tagen Erfühlen des Gaspedalwegs hat man es auch raus, die Schaltpunkte sehr früh und somit effizient “vorzugeben”. Der Testverbrauch betrug berechnet 6,4 Liter. Ehrlichgesagt habe ich mich aber viel zu sehr zur Dynamik verlocken lassen, der Wert wird auf der Langstrecke und bei entsprechender Fahrweise deutlich unterboten. (Noch weniger geht nat. handgeschaltet) Nach einer Autobahnetappe über mehrere hundert Kilometer “so schnell es ging” standen lediglich 7,6 Liter auf dem Tacho – das dürfte auch dem Außendienstler gefallen.
Die Lenkung bringt nicht weniger Freude: Sie ist progressiv. Das heißt, statt der von mir damals in der Fahrschule gelernten “Eineinhalb Umdrehungen in jede Richtung” gibt es jetzt nur noch etwa eine, was grundsätzlich bedeutet, dass in Kurven weniger gelenkt werden muss. Gerade in Kurvenfolgen macht sich das bemerkbar, auch wenn die Lenkung nicht super direkt ist. Das Fahrwerk ist, simply clever, ein guter Kompromiss aus Alltags- und Sporttauglichkeit. Während man alleine und unbeladen schnell und ohne Geschwanke um die Kurven hetzen kann, kommt der Langstreckenkomfort auf dem Weg in den Urlaub mit vollem Octavia nicht zu kurz. Insgesamt eher komfortabel als sportlich, kann man sagen. Den Octavia RS gibt es natürlich auch als Benziner (2.0 TSI) mit 40 PS mehr Leistung und Spritzigkeit, nämlich 220 PS. Bjoern von mein-auto-blog.de meint:
Škoda macht es dem Papi auf der Suche nach einer sportlichen Familienkutsche enorm leicht. Auf der einen Seite ist der neue Octavia Combi RS enorm praktisch und bietet eine Menge Platz, auf der anderen Seite ist der RS Octavia der schnellste je gebaute Octavia. Da fühlen sich dann auch die Familien-Papas nicht deplatziert, die früher GTI gefahren sind. – Fahrbericht auf mein-auto-blog.de
Überraschen kann die Fahrerassistenz, die es so ausgiebig bei Škoda erstmals im Octavia 5E gibt. Die einzelnen Komponenten fallen relativ günstig im Aufpreis aus, so kostet der Lane Assist (je nach Paket) ca. 350 EUR und unterstützt den Fahrer insb. auf der Autobahn mit sanften, korrigierenden Lenkeingriffen. Die Systeme hierfür entwickeln sich schnell, der Honda CR-V konnte manche enge Baustellen-Spuren nicht erkennen, der Octavia steuert aber auch durch diese ohne eine Fehlbewegung – beeindruckend. Genauso gut funktioniert die ACC (nur ca. 600 EUR) – die Adaptive Cruise Control oder adapive Geschwindigkeitsregelung. Sie arbeitet fix und komplett fehlerfrei, selten habe ich das über ca. 3.000 Testkilometer so gut erlebt. Der Audi A3 erkannte in 2013 dagegen mehrere Situationen falsch und bremste unnötig. Beschleunigen schon beim Setzten des Blinkers nach links, starker Regen und äußerst rechts fahrende Fahrräder – alles kein Problem.
Besonders erfreulich: Neben 5 “Master” Abständen am Wahlhebel lässt sich die ACC in den zusätzlichen, im Infotaimentsystem selektierbaren Modi “Sport”, “Normal” oder “Eco” betreiben. Eine solche Funktion habe ich bisher immer vermisst, z.B. auch bei der E-Klasse Hybrid mit Distronic Plus. Im Sport Modus wird wirklich relativ spät gebremst (Platz ist natürlich noch genug) und danach in den fünften Gang zum schnellen Beschleunigen gewechselt. Eco dagegen setzt auf frühzeitiges Gaswegnehmen und sanftes Erreichen der Set Geschweindigkeit. Apropos Set Geschwindigkeit: Beim Octavia ist leider bei 160 km/h Schluss mit dem Radar-Spaß. Irgendeinen Unterschied muss es zu VW ja noch geben. Hat man das DSG gekauft, zeigt das radarbasierte System auch in zähfließendem Verkehr, was es kann: Bremsen bis 0 km/h geht, nach 2 Sekunden Stillstand (wird vom Škoda möglichst lange herausgezögert) muss lediglich die Bremse betätigt und neu aktiviert werden.
Neben dem seit mehreren Jahren bekannten automatischen Längseinparken kann der Octavia nun auch Rückwärts zwischen zwei Fahrzeugen automatisch einparken. (Video) Der Fahrer gibt nur Gas und Bremst an den vorgegeben Punkten. Das funktioniert mit Hilfe von vier zusätzlichen Ultraschallsensoren an den Seiten des Fahrzeugs, die Hindernisse auch dort erkennen können und diese optisch und akustisch darstellen! Verkehrszeichen (Geschwindigkeits- und Überholgebote, auch zeitl. begrenzte) werden mit einer gefühlten Trefferquote von 95% richtig erkannt. Leicht von der deutschen Norm abweichende Schilder in Österreich und Italien machten keine Probleme. Für viele Skoda-Interessierte dürfte der Octavia III deutlich interessanter als der Superb sein: Letzterer hat mit dem Facelift in 2013 keines der Assistenzsysteme verliehen bekommen, auch das neue neue Columbus System und Details wie die hochauflösende Multifunkitionsanzeige hat man ihm verwehrt.
Die Limousine müsste es für mich sein. Der Kofferraum ist viel größer, als man vermuten würde. Wir haben ihn mit einem großen Koffer, einem Kabinentrolley und einem Rucksack nicht annähernd zur Hälfte gefüllt. Urlaubsgepäck für ein Paar mit 2 Kindern? Das geht. Und ganz ehrlich: Wenn man mal einen Schrank transportiert, ist der auch für den Kombi zu groß und man mietet sich einen kleinen Transporter. Die Beinfreiheit im Fond lässt auch für Erwachsene nicht zu wünschen übrig. Der Octavia RS ist mit dem 2 Liter Diesel nicht nur optimal motorisiert und mit der RS Version entsprechend gestylt, sondern bringt auf Wunsch auch großartige Fahrerassistenzsysteme mit. An dieser Stelle darf ich Fabian von autophorie.de zitieren:
Es gibt einfach nichts zu mäkeln, der Octavia ist, wie er ist, perfekt. Dann noch ein kräftiges Dieselherz aus dem spendablen VW Konzern Regal, das überflüssige „Soundgenereriere“ weggelassen, dezente Sportsitze und die Vaterfreuden sind eingeläutet. Da überlegt sich doch jeder, ob es nicht doch jetzt schon mit den Kids losgehen kann. – Fahrbericht auf autophorie.de
Wie viel RS im Octavia RS 2.0 TSI steckt, kann man in Marios Artikel auf autoaid.de nachlesen, er war mit der Limousine in den Alpen unterwegs.
Škoda Octavia III 2.0 TDI DSG Green tec RS
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Leistung/Drehmoment: 135 kW (184 PS) / 380 Nm
Getriebe: 6-Stufen Doppelkupplungsgetriebe
0-100 km/h: 8,2 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Leergewicht: ca. 1.507 Kg
Verbrauch angegeben: 5,0 Liter / 100 Km (Kombiniert)
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Verbrauch berechnet: 6,4 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Gefahrene Kilometer: 3.000
Kofferraumvolumen: 590 L, max.: 1.580 L
Testwagenpreis: 38.085 EUR
Sonderausstattung (zzgl. zur Ausstattungsv. “RS”): Fahrerassistenzpaket Traveler (2.490 EUR), ACC (610 EUR), Parklenkassistent (570 EUR), 18″ Felgen (180 EUR)
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Download: Komplette Konfiguration des Testwagens
Text & Fotos: Matthias Luft