Verfolgt man im Moment die Nachrichten; so ist das Thema Elektromobilität ständig präsent. Absatzkrise und bedrohte Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie, Fahrverbote für Diesel in Innenstädten und die deutsche Autoindustrie, die angeblich die Technologiewende nicht schafft, bestimmen die Diskussion. Ja, seit Jahren wird das Elektroauto als Fortbewegungsmittel der Zukunft vermarktet. Betrachtet man allerdings die Zulassungszahlen in Deutschland zeigt sich ein anderes Bild: Gerade einmal 1,7% der neu zugelassen Fahrzeuge waren von Januar bis September laut KBA ausschließlich mit Elektromotor ausgestattet. Dazu kommen noch 6% mit Hybridantrieb. Wir suchen Gründe , warum das so ist.
Argument 1 gegen Elektromobilität: Der Preis
Das erste Argument gegen die Anschaffung eines neuen Elektroautos findet sich schon beim Kauf. Vergleicht man die Preise von vergleichbar ausgestatteten Verbrennern und Elektrofahrzeugen, zieht das Elektroauto den kürzeren, sprich es ist teuerer. Der vor kurzem vorgestellte Peugeot 208 kostet beispielsweise als Benziner mit 131 PS, Automatik und quasi Vollausstattung 29.700€. Allein das ist schon viel Geld. Der 208 als Elektroauto mit 136 PS startet allerdings erst ab 34.300€. Ein paar Klicks im Konfigurator später und vergleichbar ausgestattet liegt der Preis dann schon bei knapp 37.000€. Dank der aktuell diskutierten Erhöhung der Anschaffungsprämie für Elektroautos sinkt die Differenz im Falle des 208 zwar auf gut 1000€. Wer aber mit spitzem Bleistift kalkuliert, kommt aber weiterhin nicht um einen Verbrenner herum.
Argument 2 gegen Elektromobilität: Die Reichweite
Wer sich heute ein Fahrzeug mit Dieselmotor kauft, kommt damit meist ohne große Einschränkungen 700km weit. Ein aktueller Passat mit 2.0 Liter TDI schafft laut WLTP-Zyklus sogar über 1600 km mit einer Tankfüllung (4 Liter/100 KM, 66 Liter Tankinhalt). Reichweitenchampion Tesla gibt für sein Model S dagegen nur eine Reichweite von 610 km nach WLTP an (Modell mit “maximaler Reichweite”). Darüber hinaus ist die Reichweite beim Passat relativ unabhängig von der Außentemperatur und Geschwindigkeit. Bei Elektroautos sinkt die Reichweite dagegen bei kalten Temperaturen, da die Akkus – vereinfacht gesagt – weniger Energie aufnehmen können. Zudem reduzieren elektrische Verbraucher wie die Heizung die Reichweite. Beim klassischen Verbrenner fällt die Wärme für die Heizung dagegen ‘gratis’ als Nebenprodukt des Verbrennungsprozesses an.
Zwar liegt die Distanz der meisten täglichen Fahrten bei deutlich unter 100 km und wären damit leicht mit einem Elektroauto machbar (und auch bei unserem ganztägigen Test des Kia e-Soul hatten wir keine Reichweitenprobleme). Aber schon bei einer Urlaubsfahrt ist die Reichweite dann schnell erschöpft. Mit dem beschriebenen Passat wäre dagegen eine Reise von Hamburg zum Gardasee theoretisch ohne Tankstopp möglich. Zudem ist ein Tankstopp schnell erledigt, was uns zu Argument drei bringt:
Argument 3 gegen Elektromobilität: Das Laden
Der Tankvorgang ist bei einem Verbrenner schnell erledigt: Tankstelle im gut ausgebauten Tankstellennetz ansteuern, Tankrüssel wenige Minuten in die Tanköffnung halten, bezahlen, weiterfahren. Anders beim Elektroauto. Zwar ist das Schnellladenetz an deutschen Autobahnen in letzter Zeit stark gewachsen, sodass eine passende Ladesäule schnell gefunden ist. Allerdings dauert das Laden selbst deutlich länger. Porsche bietet mit dem Taycan das derzeit schnellste Ladesystem an, bis zu 350 kW sollen theoretisch fließen. Praktisch braucht ein Taycan derzeit etwa 22 Minuten um von 5% auf 80% Akkukapazität zu kommen. Bis 100% dauert der Ladevorgang dann nochmal länger, da hier die Ladeleistung zum Schutz des Akkus reduziert wird.
Auch im städtischen Raum lauern Hindernisse. Wer nicht über eine eigene Wallbox zum Laden verfügt, ist auf die öffentliche Infrastruktur angewiesen. Hier ist die Standzeit allerdings meistens begrenzt. Abends das Auto anstöpseln und dann nachts laden? Rechtlich oft nicht erlaubt. Und wer hat schon Lust nachts noch (zu Fuß) sein Auto von der Ladesäule abzuholen? Auch die Montage einer Wallbox in der Tiefgarage bedarf der Rücksprache mit dem Vermieter und/oder der Mietergemeinschaft, was ein Hindernis darstellen kann.
Argument 4 gegen Elektromobilität: Die Auswahl
Wer sich ein neues Fahrzeug anschaffen will steht natürlich auch immer vor der Frage welches Modell es denn werden soll. Bei klassischen Verbrennern ist die Auswahl praktisch nicht zu überblicken. Bei vielen Modellen stehen verschiedene Karosserievarianten zur Wahl, dazu kommen noch verschiedene Motorisierungen und Getriebevarianten. So kommt ein einzelner Hersteller oft auf über 100 Kombinationsmöglichkeiten, aus denen der Kunde wählen kann.
Anders sieht es bei Elektrofahrzeugen aus. Hier bieten die Hersteller aktuell meist nur wenige Modelle mit wenigen unterschiedlichen Motorisierungen an. Wer sich bei Audi beispielsweise für ein Elektro-SUV interessiert hat genau ein Modell zur Auswahl: Den e-tron quattro. Den e-tron quattro gibt es aktuell auch nur mit einer Motorisierung, 55 quattro. Bei den Verbrenner-SUVs hat Audi dagegen allein fünf Modelle im Angebot, dazu kommt der Q3 Sportback und verschiedenste Motorisierungen. Wer sich also für ein Elektroauto interessiert muss meist einen Kompromiss bei der Modellwahl eingehen, da die Modellauswahl im Vergleich zu Verbrennern beschränkt ist.
Argument 5 gegen Elektromobilität: Die Lebensdauer
Häufig diskutiert wird zudem die Rohstoffgewinnung und die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus. Das zur Herstellung benötigte Kobalt wird in Afrika meist unter menschenunwürdigen Bedingungen gefördert. Auch wenn es mittlerweile Initiativen, beispielsweise von Volvo, gibt, Kinderarbeit bei der Förderung einzudämmen können die meisten Hersteller nicht garantieren, dass der Rohstoff nicht auch aus dieser Quelle stammt. Ist der Akku dann gefertigt stellt sich die Frage nach der Lebensdauer. Mittlerweile ist eine Garantie von acht Jahren auf den Akku meist Standard. Bedenkt man allerdings, dass das Durchschnittsalter von Autos in Deutschland bei 9,5 Jahren liegt und 40% der zugelassenen Fahrzeuge über zehn Jahre alt ist, so erscheinen acht Jahre zu gering. Da ein Austausch des Lithium-Ionen-Akkus eine nicht unerhebliche Investition darstellt, können im Alter hohe Kosten auf den Halter zukommen.
Fazit
Die Elektromobilität steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen, dies lässt sich leicht an den Zulassungszahlen ablesen. Auch wenn die großen Automobilhersteller bei neuen Modellen auch Elektroantriebe anbieten, ist der große Durchbruch bisher nicht erfolgt. Letztendlich entscheidet der Kunde über Erfolg oder Misserfolg von Elektroautos und damit das Fortbewegungsmittel der Zukunft.