Manchmal passt Alles zusammen: Du hast das neue 2er Gran Coupé (Werkscode F44) als M235i mit 306 PS vor der Tür stehen und dann kommt die Verwandtschaft der Nachbarn mit dem Vorgänger, dem M240i Coupé (F22) zu Besuch. Im direkten Vergleich fällt auf, dass der M240i in der Heckansicht regelrecht „zahm“ wirkt. Zwei Endrohre, wie sie mittlerweile an jedem aktuellen 2er BMW (außer im Einstiegsbenziner) zu finden sind, große Heckleuchten, die sich allerdings nicht in die Heckklape ziehen. Wer sich nicht auskennt kann den M240i ohne Modellbezeichnung glatt für einen 2er alias 220i halten.
Ganz anders beim neuen M235i. Der stellt seine Leistung mit großen Endrohr-Blenden und einem angedeuteten Diffusor zur Schau, zudem betonen die neuen LED-Rückleuchten deutlich die Breite des Fahrzeugs. Dazu sind viele Anbauteile wie zum Beispiel Niere, Außenspiegel und Heckspoiler in schwarz ausgeführt (M Performance Paket, 2388€). Und doch geht das 2er Gran Coupé mit einer großen Hypothek ins Rennen: Mehr als vier Zylinder und zwei Liter Hubraum sind nicht zu bekommen. Erst das neue 2er Coupé (Werkscode G42) wird ab nächstem Jahr wieder mit den typischen BMW-Tugenden Reihensechszylinder und Heckantrieb angreifen. Damit der M235i hier und heute nicht zum „Frontkratzer“ verkommt, spendiert BMW dafür immer den Allradantrieb xDrive.
Innenraum & Fahrverhalten im BMW M235i
Jetzt aber einsteigen und Abfahrt. Im Cockpit alles wie gewohnt bei aktuellen BMWs, digitaler Tacho (10,25 Zoll) mit gegenläufig animierten Zeigern, auf der Mittelkonsole thront das Display mit Infotainment, hier in 10,25 Zoll (beides enthalten im Business Paket Professional, 3020€). Die Bedienung erfolgt wie gewohnt und recht intuitiv mittels iDrive auf dem Mitteltunnel. Druck auf den Startknopf – und der M235i macht dort weiter, wo er optisch aufgehört hat: Er trägt dick auf. Was der Motor an Hubraum und Zylindern eingebüßt hat, ergänzt nun ein Soundgenerator. Kann man mögen, muss man aber nicht. Immerhin ist der M235i in den Fahrmodi „Eco“ und „Comfort“ angenehm ruhig, nur in „Sport“ wird’s lauter. „Sport Plus“ ist übrigens nicht verfügbar, auch nicht in „Sport Individual“ konfigurierbar. BMW hebt sich hier noch etwas für den kommenden M2 auf.
Und wie fährt der nun der neue M235i? Erster Eindruck: direkt aber entspannt. Im Modus „Comfort“ (wer nutzt „Eco“ in einem M-Perfomance-Modell?) absolut alltagstauglich, das Fahrwerk federt zwar straff aber nie hart (Adaptives M-Fahrwerk, 146€), die hervorragenden Sportsitze (M Sportsitze, 487€; mit elektrischer Verstellung, zusätzlich 926€) sind einerseits sehr bequem und bieten andererseits auf Wunsch viel Seitenhalt. Das 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe baut zudem bei entspannter Fahrweise auf das früh anliegende Drehmoment statt ständig hochzudrehen. So wird der M235i zum kompakten Reiseauto. Kleines Manko: Die ACC arbeitet nur bis Tempo 160 (Aktive Geschwindigkeitsregelung, 439€) und die Spurverlassenswarnung (731€, hier im Video) arbeitet nur passiv. Auch die adaptiven LED-Scheinwerfer (487€, hier im Video) können nicht mit der aktuellen Generation des BMW-Laserlicht (hier im BMW 3er) mithalten.
“Freude am Fahren” auf der Landstraße
Wenn der Modus „Sport“ gewählt wird, zieht der BMW die Zügel an. Das adaptive Fahrwerk strafft sich nochmals, der Motor dreht höher und der Soundgenerator tönt lauter. Abgesehen von der spitzen Gasannahme bleibt der M235i aber auch hier gutmütig. Auf der Landstraße schlägt so die Stunde des 2ers: Mit hecklastigem Allrad sind Traktionsprobleme kein Thema, gleichzeitig drückt das Heck leicht beim Beschleunigen aus der Kurve – bleibt aber mit eingeschaltetem ESP gut beherrschbar. So präsentiert sich der M235i als fahraktiver Kurvenräuber. Ein weiterer Vorteil: Der 2er ist, entsprechend seiner Einordnung im Kompaktsegment, schön schmal. Anders als beim M850i, muss man hier auf schmalen Landstraßen nicht ständig Angst haben, sich bei Gegenverkehr einen Außenspiegel abzufahren. Was allerdings auch auffällt: Der M235i ist angesichts der Dimensionen schwer, hat zum Vorgänger (M240i xDrive Coupé) fast 100 kg zugelegt und wiegt nun 1645 kg.
Ist der neue 2er noch ein “echter” BMW?
Was bleibt vom M235i? Der 2er verliert mit dem Vierzylinder auf dem Papier seine Eigenständigkeit im Segment der Kompaktwagen, macht aber dank hecklastigem Allradantrieb noch immer Spaß auf der Landstraße, auch wegen der kompakten Ausmaße. Gleichzeitig lässt sich der M235i auch problemlos als „Daily Driver“ nutzen. Der kommende M2 sowie das Coupé werden hier voraussichtlich nochmal deutlich sportlicher positioniert. Mit Blick auf das recht hohe Fahrzeuggewicht darf zudem im Vergleich mit der Konkurrenz eine ordentliche Leistungsspritze beim M2 nicht fehlen. Aber auch als M235i Gran Coupé ist der 2er kein Schnäppchen. Unser (beinahe voll ausgestattete) M235i verlangt nach einer Investition von über 64.000€ (inkl. 16% Mwst.). Für Fans von längs eingebauten Reihensechszylindern und Heckantrieb legt BMW voraussichtlich 2021 nach. Dann kommt das 2er Coupé mit der technischen Basis des Z4/3er. Das M240i Coupé könnte dann den leicht entschärfen Motor des M340i mit ca. 350 PS erben.
Leistung/Drehmoment | 225 kW (306 PS) / 450 Nm |
Hubraum | 1.998 cm³ |
Getriebe: | 8-Gang Automatik |
Antrieb: | xDrive Allradantrieb |
0-100 km/h: | 4,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250km/h |
Leergewicht | 1.645 kg |
Verbrauch angegeben | ca. 6,3 - 5,6 Liter / 100 Km |
Kofferraumvolumen | 430 L |
Tankinhalt | 50 L |
Testwagenpreis | ca. 64.189 € |
Unser Testwagen konfiguriert: | Download PDF |
Wie kann der Allrad hecklastig sein wenn maximal 50% an die Hinterräder gehen. Erstmal informieren bevor so ein Unsinn verzapft wird…