Audi Fahrberichte

Audi S6 TDI Avant im Test: Reisemobil für Chefvertreter (vs. S4)

344 PS, 700 Nm – gibt es heute in vielen Elektroautos? Stimmt! Und doch ist das Konzept des Audi S6 spannend, denn wenige Fahrzeuge schaffen es die Attribute Langstreckenkomfort, Platz, Reichweite und Leistung so gekonnt zu vereinen. Der Preis schränkt das Erlebnis leider auf Chefvertreter und gut betuchte Familienoberhäupter ein.

Audi S6 (C8): Seit 2018 auf dem Markt und trotzdem frisch

Beginnen wir mit den harten Fakten. Unser S6 Avant schöpft seine Leistung aus drei Litern Hubraum und sprintet so aus dem Stand in fünf Sekunden auf 100 km/h. Das Leergewicht gibt Audi mit gut zwei Tonnen an, was trotz der Abmessungen üppig ist. Der Audi A6 ist seit 2018 in der achten Generation auf dem Markt, somit steht das obligatorische Facelift zur Mitte des Modellzyklus demnächst vor der Tür. Trotzdem ist der A6 auch als Vor-Facelift frisch. Audi hat unserem Testwagen für 4740€ das empfehlenswerte, komplette Assistenzpaket spendiert. Damit hält der S6 beispielsweise selbstständig bis deutlich über 210 die Spur und regelt adaptiv das Tempo, warnt vor Fahrzeugen im toten Winkel oder parkt selbstständig ein – sogar ferngesteuert.

Im Innenraum folgt der S6 der aktuellen Audi-Bedienlogik in der Oberklasse. So wird die Klimaanlage über ein eigenes, tief positioniertes Display gesteuert, zudem werden hier beispielsweise Navigationsziele eingegeben. Das Zentraldisplay übernimmt dagegen die Aufgaben von Routenführung und Infotainment. Auch wenn die Bedienung der Klimaanlage nicht blind erfolgen kann, funktioniert sie insgesamt anständig. Audi setzt hier auf eine Art „Force Touch“ mit Vibrationsfeedback. Beide Displays müssen also bei der Eingabe kräftiger gedrückt werden, was Fehleingaben stark verringert. Ansonsten erfolgt die Bedienung klassisch über Knöpfe und Hebel, eine Paradedisziplin von Audi. Egal wo wir drücken, immer klickt der S6 fein zur Bestätigung.

Audi S6 TDI – hier mit Matrix-Scheinwerfern, entsprechend stylischeren Heckleuchten und in Tangorot.

Lieferprobleme auch bei Audi

Weiterhin hat Audi unserem S6 die aufpreispflichtigen Sportsitze plus (660€) spendiert, auf denen sich lange Strecken komfortabel abspulen lassen. Leider fehlen im Vergleich zum S4 aber einstellbare Sitzwangen. In Sachen Design und Ausstattung ist der S6 also trotz des Alters voll auf Höhe der Zeit. Ärgerlich allerdings: Selbst der S6 kommt ab Werk mit einfachen LED-Scheinwerfern, einschließlich kleinem LED-Tagfahrlicht und unscheinbarer Rückleuchtengrafik (Siehe Titelbild). Die vorderen Blinker sind sogar als Halogenlampe ausgeführt – das ist dem S6 eigentlich nicht angemessen. Die teureren Matrix-LED-Leuchten sind allerdings schon länger nicht bestellbar. Scheinbar leidet Audi hier unter Lieferproblemen. Lediglich der RS6 lässt sich derzeit mit optionalen Lichtsystemen konfigurieren – ärgerlich!

Exzellenter Komfort im Audi S6

Nun aber zum eigentlichen Herzstück, dem großen Diesel. Lokal emissionsfreies Fahren im Hybrid hin, tolle Beschleunigung im E-Auto her – auf der großen Reise ist der Diesel unserer Meinung nach nicht zu schlagen. So liefert der Motor des S6 seine dicken 700 Nm Drehmoment bereits bei entspannten 1750 Umdrehungen ab, die serienmäßige 8-Gang-Automatik schaltet entsprechend früh und sicher. In Kombination mit dem optionalen Luftfahrwerk (8xx€) und der Akustikverglasung (5xx€) stellt sich so schnell ein gediegenes, souveränes Fahrgefühl ein. Kurze Stöße gibt das Fahrwerk zwar durchaus an die Insassen weiter, bleibt aber insgesamt der komfortablen Ausrichtung treu – trotz ‚S‘-Siegel.

Und dann ist da natürlich noch der Trumpf Reichweite: Mit vollem Tank prognostiziert der S6 eine Reichweite von 840 Kilometern was nach unserer Einschätzung bei gemäßigter Fahrweise durchaus realistisch ist. So erzielten wir auf der Fahrt nach Italien einen Verbrauch von 7,1 Liter auf 100 Kilometer. Und selbst bei sehr hohem Volllastanteil auf der Autobahn stieg der Verbrauch nur auf etwa 12 Liter. Ein vergleichbarer Benziner gönnt sich hier schonmal 18 Liter.

Das Cockpit ist nahezu perfekt, wenn der S6 nicht die Tastatureingabe während der Fahrt verbieten würde…

Reicht auch der Audi S4 TDI Avant?

Natürlich ist auch der Audi S6 nicht ganz frei von Tadel. Zu nennen sind hier insbesondere das schlechte Ansprechverhalten des Motors aus dem Schubbetrieb bis der Turbo anläuft. Zwar verbaut Audi zur Minderung des Problems einen elektrischen Zusatzverdichter, das Turboloch ist aber weiterhin gut spürbar. Und auch die Fahrleistungen sind zwar der Leistung angemessen, insgesamt aber weniger beeindruckend als das Datenblatt verspricht. Der der über 200 Kilo leichtere S4 mit gleichem Motor bietet hier mehr Show.

Auch sonst ist der Vergleich zum Audi S4 Avant interessant. So liegen die beiden Fahrzeuge bei den Assistenzsystemen praktisch gleich auf. Der S4 verliert natürlich im Vergleich zum S6 beim Kapitel Platzangebot in Reihe zwei sowie beim Kofferraum, liegt aber dafür bei der Fahr- und Kurvendynamik deutlich vorm großen Bruder. Auch wenn man dafür beim Komfort leichte Abstriche machen muss. Wer also nicht ständig zu viert reist kann getrost einen Blick auf den kleineren S4 werfen.

Den dicksten Diesel gibt’s ab 74.800€ – aber nicht im Audi S6

Preislich startet der Audi S6 derzeit bei 84.200€, was angesichts der Serienausstattung und der guten Verarbeitungsqualität durchaus angemessen ist. Unser vernünftig ausgestattete Testwagen liegt dagegen bei über 106.000€. Das beschränkt den Kundenkreis wie oben beschrieben, auf leitende Firmenangestellte, Selbstständige oder vermögende Familienoberhäupter. Wer sich übrigens mehr Offroad-Optik wünscht kann auch zum Audi A6 Allroad 55 TDI mit dem gleichen Motor greifen. Der startet immerhin bei 74.800€.

Der V6 TDI punktet mit immer ausreichend Kraft und ist, bei effizienter Fahrweise, erstaunlich sparsam.

Über den Autor

Jonas Braunersreuther

Autor Jonas Braunersreuther interessiert sich von Kindesbeinen an für sportliche Autos und Zweiräder sowie neue Entwicklungen auf dem Automobilmarkt.

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