Sport und Diesel, das passt nicht zusammen? Nun, das kommt ganz auf die Sichtweise an. Während in der Formel 1 traditionell mit Benzinmotoren gefahren wird, setzte Audi bei Langstreckenrennen der LMP1-Klasse auf einen aufgeladenen Turbodiesel mit Hybridunterstützung. Seit 2019 rüstet Audi nun auch verschiedene S-Modelle (S4 bis S7) in Europa mit Turbodieseln aus. Wie funktioniert der drei Liter Sechszylinder auf öffentlichen Straßen?
Dickes Drehmoment im Audi S4 Avant
In den letzten Jahren hatte der Dieselmotor aufgrund des Diesel-Skandals in Deutschland einen eher schweren Stand. Doch dann steigst du in den mit magmaroten Leder (900€) gekleideten S4, drückst den Startknopf und rollst los, drückst aufs Gas – und die 700 Nm große Drehmomentwelle reißt den Audi mit. Und wäscht die Bedenken gegen den Diesel gleich mit weg. Klar, das kann ein ähnlich motorisiertes E-Auto auch. Und doch ist es beeindruckend, wie der S4 totz 1910 kg Leergewicht auch bei hohem Tempo antritt und locker die 250 km/h-Marke überwindet. Auch dem brummeligen Diesel-Klang hat man sich bei Audi angenommen. Je nach Fahrmodus wird innen und außen über Lautsprecher künstlicher Motorensound eingespielt. Das kann man gut oder schlecht finden, ist allerdings gängige Praxis. Dem S4 steht die akustische Unterstützung, zumindest im Innenraum, in jedem Fall gut. So präsentiert sich der Audi S4 Avant als toller Begleiter auf der Autobahn – Stichwort „Langstreckenrennen“.
Tolles Handling, Turboloch
Doch ein Sportwagen darf natürlich nicht nur geradeaus schnell sein, sondern muss auch Kurven können. Als runter von der Autobahn und ab auf die Landstraße. Dank permanentem Allrad mit variabler Momentverteilung ist Traktionsverlust kein Thema, auch wenn beim starken beschleunigen die Kontrolllampe aufleuchtet. Dabei lässt der Audi S4 beim Beschleunigen aus Kurven sogar leichtes, unterhaltsames übersteuern zu. Hier aber hilft sicherlich auch das optionale Sportdifferzial an der Hinterachse (1350€) mit. Auch das in unserem Testwagen verbaute optionale Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern (1030€) erledigt seinen Job gut, schafft im scharfen Dynamic-Modus einen guten Spagat zwischen straffem Anfedern und ausreichendem Restkomfort. Auch die Lenkung fügt sich mit kräftigem Lenkmoment gut in dieses Bild ein und arbeitet hier deutlich angenehmer als im S3 (Test).
Dennoch zeigt sich eine kleine Schwäche des Antriebskonzepts, denn der Diesel hängt nur mäßig direkt am Gas. Dabei hat man bei Audi versucht das Turboloch mit einem elektrischen Verdichter zu stopfen und so die Zeit zu überbrücken bis der klassische Turbo anläuft. Aus dem Schubbetrieb benötigt der V6 aber trotzdem kurz Zeit bis er anschiebt, was das sportliche Fahrgefühl etwas schmälert. Besonders deutlich wird dieses Verhalten im manuellen Getriebemodus, wobei die 8-Gang Automatik auch in D- oder S-Modus meist den passenden Gang parat hat.
Audi S4: Dieseltypisch niedriger Verbrauch
Warum setzt Audi also in Europa auf den Diesel, wenn mit dem EA839 auch ein 354 PS starker Benziner im Regal liegt? Nun, der Diesel lässt sich mit deutlich niedrigerem Verbrauch fahren, was den Flottenverbrauch von Audi reduziert. Auf der Autobahn sind auch bei zügigerer Fahrweise Verbräuche um die 7 Liter auf 100 Kilometer möglich, minimal konnten wir sogar einen Verbrauch unter 6 Liter erzielen. Selbst bei betont sportlicher Fahrweise lässt sich der Verbrauch kaum über 10 Liter steigern. Zum Vergleich: Das Audi S5 Cabrio mit Benziner haben wir im Sommer regelmäßig mit über 15 Litern bewegt.
Trotz S-Batch praktisch im Alltag
Natürlich erbt der Audi S4, besonders als Avant, die Praktikabilität und die tolle Verarbeitung vom zivilen Bruder A4. Besonders erwähnenswert sind zudem die optionalen, elektrisch einstellbaren Sportsitze plus (925€), die dank einstellbarer Seitenwangen tollen Seitenhalt als auch Komfort bieten. Lediglich die integrierte Kopfstütze fällt für groß gewachsene S4-Treiber etwas zu niedrig aus.
Ebenfalls praktisch: Der Kofferaum öffnet auf Wunsch (1560€, inkl. Keyless Go & Alarmanlage) elektrisch und bietet immerhin 420 Liter Gepäck Platz. Aufgrund der Batterie für das 48V-Bordnetz gehen zum A4 Avant allerdings 75 Liter verloren. Auch bei den Assistenzsystemen ist der S4, der immerhin seit 2019 in der aktuellen Form auf dem Markt ist, auf einem zeitgemäßen Stand. Wer das Assistenzpaket Tour bestellt kann sich zudem auf Wunsch auch teilautonom ans Ziel chauffieren lassen. Mit den Assistenzpakete Stadt und Parken (2410€) parkt der Audi S4 außerdem teilautonom ein oder warnt vor Fahrzeugen im toten Winkel. Zudem optional (600€) an Bord: Matrix-LED Fernlicht, das wir schon hier im Video getestet haben.
Ganz günstig ist das Vergnügen freilich nicht. Bereits in der Basis kostet der S4 Avant knapp 69.000€, unser ordentlich ausgestatteter Testwagen liegt dagegen bei gut 86.000€. Zudem fallen die Typklassen der Versicherungen (Haftpflicht / Teilkasko / Vollkasko: 16 / 27 / 25) mittelmäßig bis teuer aus.
Leider lässt sich unser Testwagen aufgrund veränderter Pakete & Optionen nicht mehr exakt nachkonfigurieren. Die bereitgestellte Konfiguration kommt unserem Testwagen so nahe wie möglich.
Technische Daten Audi S4 Avant:
Audi S4 Avant | |
Hubraum | 2967 ccm |
Leistung bei Drehzahl | 341 PS bei 3800-3950 1/min |
Drehmoment bei Drehzahl | 700 Nm bei 1750-3250 1/min |
Getriebe | 8-Gang Automatik |
Beschleunigung 0-100 km/h | 4,7 Sekunden |
Antriebsachse | Permanenter Allradantrieb mit Mittendifferenzial und Sportdifferenzial an der Hinterachse (Option) |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Abmessungen (Länge x Breite x Höhe) | 4,77m x 1,85m x 1,41m |
Leergewicht | 1910 kg |
Verbrauch (Hersteller / Test) | 7,3 L/100km / 7,5 L/100km |
Preis (Basis / Testwagen) | 68.850 / 86.455€ |