Fahrberichte Opel

Grand Sport, elektrifiziert: Was kann der Astra GSe?

Volkswagen hat GTI und R, BMW die M-GmbH, Mercedes AMG. Abteilungen oder ganze Subunternehmen, die sich mit den schnellen, sportlichen Topversionen der verschiedenen Baureihen beschäftigen. Auch Opel hatte bis 2018 eine solche Abteilung, das ‚Opel Performance Center‘, kurz OPC. Unter den OPCs ansiedelt: Die GSis, „Grand Sport injection‘. Nachdem der letzte GSi, der Insignia GSi, 2022 in Rente geschickt wurde, sind besonders sportliche Modelle bei Opel Mangelware. Bis jetzt – denn Opel belebt die Submarke ‚Grand Sport‘ neu. Allerdings nicht als GSi sondern als GSe, ‚e‘ für ‚electric‘. Wir wagen eine Ausfahrt im neuen Opel Astra GSe.

Sportabzeichen: Die sportlichsten Opelmodelle tragen in Zukunft das GSe-Siegel.

Astra GSe: Bekannter Antriebsstrang von Stellantis

Wenig überraschend findet sich unter der Haube des Astra GSe ein alter Bekannter – den 1,6 Liter Turbo mit 180 PS kennen wir auch schon aus dem DS9 oder dem Astra Hybrid (dort aber nur mit 150 PS). Opel koppelt den Benziner allerdings an einen ins Getriebe integrierten Elektromotor, der zusätzlich 110 PS liefert. So steigt die Systemleistung auf 225 PS und 360 Nm Drehmoment. Rein elektrisch Fahren geht natürlich auch, die 12,4 kWh Strom im Akku sollen für bis zu 64 km Reichweite gut sein.

Wie viel Sport steckt im GSe, der ja „großen Sport“ verspricht? Nun, das Datenblatt liest sich eher zurückhaltend: 7,5 Sekunden auf 100 km/h, dazu ein Leergewicht von 1628 kg. Ganz schön viel für einen Wagen der Kompaktklasse. Aber natürlich gehören zum Thema Sport auch Fahrwerk, Lenkung und Handling. Und insbesondere hier will man bei Opel besonders viel Zeit und Energie investiert haben. So bekommt der GSe ein besonderes Fahrwerk mit frequenzselektiven Dämpfern (FSD) von Koni, die auf kurze Stöße besonders weich ansprechen, bei längeren Belastungen wie Kurvenfahrten dagegen härter sind als das Fahrwerk beim normalen Astra. Passend zum sportlichen Anspruch hat man im Hause Opel zudem die Servo-Unterstützung im Sportmodus reduziert um mehr Rückmeldung der Vorderräder ermöglichen.

Astra GSe Frontansicht Seite

Auf Chromelemente verzichtet Opel beim Astra GSe, stattdessen sind zahlreiche Elemente wie Grill, Felgen und Scheibenrahmen in schwarz gehalten. Das Dach lässt sich auf Wunsch und Aufpreisfrei in schwarz oder Wagenfarbe lackieren.

Gebremster Sportsgeist im ‘Grand Sport’

Nun aber einsteigen, Abfahrt. Los geht’s im Astra GSe immer im Elektromodus, sofern die Batterie geladen ist. Erst wenn die Kapazität erschöpft ist wirft der Astra den Benziner an, alternativ wählt der Fahrer die Modi Hybrid (Benzin- und Elektromotor ergänzen sich, je nach abgerufener Leistung und Betriebszustand) oder Sport. Wir wählen natürlich zuerst den Sportmodus, hier läuft der Benziner permanent. Und trotz der des stets einsatzbereiten Benziners, so richtig will der Sportsgeist im Astra GSe nicht überspringen.

Das liegt einerseits am nur mittelmäßig souveränen Antrieb. Im Volllastbetrieb klingt der Benzinmotor, trotz optionalem künstlichen Sound im Innenraum, angestrengt, fühlt sich subjektiv deutlich schwächer als 225 PS an. Andererseits gibt das ESP auch im Sportmodus in Kurven teilweise keine Leistung frei, beschleunigt werden darf erst wieder am Kurvenausgang, was die Dynamik zügelt. Deaktivieren lässt sich die Traktionskontrolle übrigens genauso wenig wie in einen Sportmodus versetzen. Wobei vor allzu hohem Kurventempo auch die Sitze schützen. Die serienmäßigen Sport-Aktiv-Sitze sind zwar vielfach einstellbar und bequem, bieten aber für die ambitionierte Kurvenjagd etwas zu wenig Seitenhalt.

Astra GSe Sitze Logo

Während das Cockpit unverändert vom “normalen” Astra übernommen wird, spendiert Opel immerhin neue Sitze mit GSe-Logo und Alcantarabezug. Optional lässt sich auch Nappa-Leder bestellen (1310€). (Quelle: Opel)

Tolles Fahrwerk im Astra GSe

Einen deutlich besseren Job macht das Fahrwerk. Die neuen Dämpfer schaffen einen tollen Spagat zwischen Langstreckenkomfort und sportlicher Härte. Das ist insbesondere deswegen erwähnenswert, da auch der „normale“ Astra schon mit einem guten Fahrwerk ausgestattet ist – der GSe legt hier allerdings noch einmal nach. In Kombination mit der verbesserten Rückmeldung am Lenkrad kommt im engen Kurvengeläuf Südspaniens durchaus Fahrspaß auf. Allerdings eben muss man den GSe ESP-freundlich bewegen. D.h. spät in die Kurve bremsen, um den Kurvenscheitel rollen und erst am Kurvenausgang wieder Gas geben, damit der Astra die Leistung freigibt.

Dass die Elektrifizierung bei der Entwicklung des GSe recht weit oben im Lastenheft stand, zeigt sich auch bei der Reifenwahl. Während andere Hersteller ihre sportlichen Kompakten mit einer entsprechend sportlichen Bereifung auf die Straße schicken, setzt Opel auf die Erstbereifung Michelin Primacy 4. Das sorgt zwar dank geringem Rollwiderstand für eine gute elektrische Reichweite, ein Pilot Sport 4 aus dem gleichen Hause bietet aber natürlich noch mehr Traktion und bessere Rückmeldung im Grenzbereich. Wobei auch der Primacy 4 für zügigere Fahrten ausreichend Grip bietet.

Astra GSe Heckansicht dynamisch

Das Highlight des Astra GSe ist sicherlich das sauber abgestimmte Fahrwerk, das ohne adaptive Dämper einen tollen Spagat zwischen Komfort und Sport schafft. (Quelle: Opel)

Astra GSe: Mehr zügiger Langstreckenwagen als Kurvenräuber

Wer einen sportlichen, radikalen Kompakten sucht, ist beim Astra GSe falsch. Dafür ist der Antriebsstrang zu schwach, dafür bieten die Sitze zu wenig Seitenhalt und dafür ist der Astra GSe insgesamt nicht leichtfüßig genug (ein Golf GTI wiegt ca. 200 kg weniger!). Allerdings waren auch die früheren GSis nicht radikal auf Sportlichkeit getrimmt – diese Rollen übernahmen die OPCs.
Attraktiv ist der Astra GSe also besonders für Hybrid-Fans, die gelegentlich züger, aber ohne „Letzte-Rille“-Ambitionen auf die Landstraße fahren. Zudem profitieren Geschäftskunden weiterhin von der 0,5%-Regel, was den Astra GSe im Firmenleasing interessant macht. Allerdings sei hier auch angemerkt, dass der „normale“ Hybrid mit 180 PS Systemleistung (Test) kaum schlechter, aber ausstattungsbereinigt immerhin knapp 4000€ günstiger ist.

Abschließend unsere Testwagenkonfiguration als PDF sowie die technischen Daten zum Astra GSe (5-Türer):

Hubraum1598 ccm
Leistung Benziner bei Drehzahl133 kW / 180 PS bei 6000 1/min
Leistung Elektromotor81 kW / 110 PS
Drehmoment kombiniert bei Drehzahl360 Nm bei 1750 1/min (Benziner maximal 250 Nm, E-Motor maximal 320 Nm)
Getriebe8-Gang-Automatik
Beschleunigung 0-100km/h7,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit235 km/h
AntriebsachseVorderachse
Abmessungen (Länge x Breite x Höhe)4,37m x 1,86m x 1,44m
Gewicht (leer / mit Fahrer)1628 kg / 1703 kg
Erzielter Testverbrauchca. 7,5 L + 22 kWh / 100km
Preis (Basis / Testwagen)45.510€ / 49.070€

Über den Autor

Jonas Braunersreuther

Autor Jonas Braunersreuther interessiert sich von Kindesbeinen an für sportliche Autos und Zweiräder sowie neue Entwicklungen auf dem Automobilmarkt.

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