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Fahrbericht: Mercedes Benz E300 BlueTEC Hybrid

e klasse blutec hybrid fahraufnahme

Etwa vor einem Jahr wurde die neue E-Klasse vorgestellt, letzten Herbst war ich 2 Wochen lang mit ihr unterwegs. Gerade im Modell E300 Bluetec Hybrid steckt alles, was mich interessiert: Ein effizienter Diesel-Hybridantrieb, viele Top-Assistenzsysteme und jede Menge Langstreckenkomfort.

Statt von Bedienelementen nur so erschlagen zu werden, fällt beim ersten Platz nehmen in der E-Klasse zunächst der hohe Komfort und das aufgeräumte Design auf. Da ich zuletzt vor knapp drei Jahren die Vorgänger-E-Klasse gefahren bin, überraschte besonders die wunderbar leere Mittelkonsole: Der Automatikwahlhebel befindet sich am Lenkrad – dort, wo bei den meisten anderen Herstellern der Scheibenwischer bedient wird. Die Sitze können auf beiden vorderen Plätzen elektronisch bis ins kleinste Detail eingestellt, beheizt und gleichzeitig gekühlt werden – die Sitzposition ist aber auch ohne Feinkalibrierung schon … einfach passend: Die Übersicht in alle Richtungen stimmt, die Höhe ist angenehm, dennoch ist man angemessen umgeben von allen Instrumenten.

e klasse interieur

In der Mittelkonsole findet sich neben viel Stauraum das Wählrad für die Bedienung des Navi- und Infotainmentsystems Comand Online, hierüber kann unter anderem eine mehrstufige Rückenmassage gestartet werden. Die Klimatisierung des Innenraums erfolgt dagegen übersichtlich  und separat über eigene Bedienelemente. Nach meinem Geschmack kann man Eleganz im Design mit etwas Sportlichkeit nicht viel besser und wertiger ausdrücken als mit der dünnen, schwarzen Lederschicht mit weißen Doppelnähten, die in meiner Testausführung verbaut waren. Zur Kategorie “nice to have” gehört die Option, den Innenraumkomfort durch verschiedene Farben und Helligkeitsstufen des Ambientelichts zu erhöhen. Besonders gefällt mir in der E-Klasse, dass das Display des Infotainmentsystems im Gegensatz zur neuen A- und C-Klasse noch fest im Cockpit integriert ist und nicht als externe  Einheit “aufgesetzt” wird. Die Verarbeitung ist überall top, hier gibt es rein Garnichts zu meckern.

e klasse comand online navi

Im Fond, der eine Bein- und Seitenfreiheit vom Feinsten bietet, hat man auf eine separat einstellbare Klimaautomatik verzichtet. Der Kofferraum erstreckt sich gefühlt sehr weit und flach bis nach vorne, sodass ein Kabinentrolley wie Nichts darin verschwindet. Im Alltag extrem praktisch ist deshalb ein kleines ausziehbares Fach an der Oberkante des Kofferraums: Seine Größe kann je nach Bedarf eingestellt werden, in einer Sekunde lässt es sich wieder einklappen. Dieser “Einkaufskorb” verhindert z.B. das Herumfliegen von kleinen Gegenständen wie einzelnen Glasflaschen im Kofferraum. An technischen Details fehlt es nicht: Wurde ein Teil der Rückbank, z.B. nach deren Umlegen, nicht richtig wieder nach oben geklappt, erhält man eine Meldung im Bordcomputer.

e klasse limousine heck

Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei der E-Klasse 300 BlueTEC Hybrid um einen Antrieb aus einem Verbrennungs- und Elektromotor. Ersterer ist ein 2.2 Liter Diesel mit 204 PS, bekannt aus dem E250. Der Elektromotor steuert nochmal 27 PS dazu. Das max. Drehmoment des Diesels beträgt 500, das des E-Motors 250 Nm. Aufgrund der relativ geringen Leistung des Elektroantriebs und des recht hohen Fahrzeuggewichts ist ein Segeln, also das rein elektrische Fahren bei niedrigen Geschwindigkeiten, nicht häufig möglich: Beim sanften Ausparken bleibt der Verbrenner zwar aus, wird man etwas schneller, schaltet sich der Diesel zu – den Übergang spürt man überhaupt nicht, das serienmäßige Automatikgetriebe 7G Tronic Plus wurde speziell auf den Hybridantrieb angepasst. An Ampeln oder im zählfließenden Stadtverkehr macht sich der E-Motor wieder bezahlt, da hier durchaus bei sehr langsamen Geschwindigkeiten viele Stop & Gos bewältigt werden können.

Links wird entweder die Rekuperation oder die Leistungsabgabe des E-Motors angezeigt.

Links wird entweder die Rekuperation oder die Leistung des E-Motors angezeigt.

Eine Besonderheit bei der E-Klasse 300 BlueTEC Hybrid ist, dass sich der Diesel bis zu Geschwindigkeiten von 160 km/h im Schubbetrieb abschalten kann – beispielsweise auf der Autobahn bei einem langen, sanften bergab-Stück. Da in dieser Situation die Batterien, die übrigens unterhalb des Kofferraums angebracht sind, geladen werden, verliert die E-Klasse Hybrid durch die Rekuperation schneller an Geschwindigkeit als ein Fahrzeug, das keine Batterien aufzuladen hat. Stört den Fahrer dieser Effekt, gibt es die Möglichkeit, die Rekuperation durch einen Tipp auf das Lenkradschaltpaddle zu deaktivieren. Der Hybridantrieb kostet im Alltag keinen Fahrspaß: Überlandstraßen werden ohnehin nahezu ausschließlich mit dem Verbrennungsmotor gefahren, der E-Motor wirkt hier nur unterstützend. Will man letzteren gar nicht benutzen, wechselt man in die Fahrstufe “Sport” und die Maximale Leistung des Dieselaggregats ist verfügbar.

mb e klasse 2014

Das Fahrgefühl in der E-Klasse ist in erster Linie von Komfort dominiert, auch durch das sehr weiche Lenkgefühl fühlt man sich zwar als Fahrer ein Stück weit “entkoppelt”, bekommt aber doch noch genügend Feedback zu spüren. Beeindruckend für  Fahrer und Mitfahrer sind die “fahrdynamischen Sitze”: Je nach Kurve, bzw. Lenkeinschlag, drückt sich die rechte oder linke Seitenwange gegen den Körper und wirkt somit der in der Kurve wirkenden Kraft entgegen. Auch wenn ich es nicht teuer dazu kaufen würde, hat mich überrascht, wie präzise und schnell das funktioniert – sogar zwischen mehreren Intensitätsstufen kann gewählt werden.

In 14 Tagen habe ich mit der E-Klasse 300 BlueTEC Hybrid etwa 1.600 Testkilometer gesammelt, größtenteils wie immer auf Autobahnen und Landstraßen. Der berechnete und vom Bordcomputer angezeigte Verbrauch lag bei 6.4 Litern / 100 km. Insgesamt ein guter Wert, da ich eher dynamisch als hybrid-bedacht unterwegs war. Den von Mercedes angegeben Verbrauch von unter 5 Litern dauerhaft zu halten dürfte selbstverständlich eher schwierig werden.

Fahrassistenz: Distronc Plus und Lenkassistent

e klasse fahrassistenz distronic plusBeeindruckend sind die Fahrerassistenzsysteme, die die E-Klasse zu bieten hat. In meinem Testwagen war auch so ziemlich alles verbaut, was Daimler in dieser Klasse momentan anbietet. Für Fahrassistenz der neusten Generation sorgt in erster Linie der Abstandstempomat Distronic Plus in Verbindung mit dem Lenkassistent: Vor allem auf der Autobahn genügt ein leichtes Mitlenken, alles Andere gibt das System vor. Die Lenkeinschläge, z.B. für Autobahnkurven, erfolgen exakt und bringen das Fahrzeug nie auch nur aus der Mitte der Fahrspur. Entscheidet man sich, doch selbst zu lenken, warnt das Lenkrad per Vibration beim Verlassen der Spur und macht auch über einen leichten Bremseingriff darauf aufmerksam, dass man aus der Fahrspur gerät. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung bietet ein hohes Maß an Feingefühl und bremst selten unsanft, nur Volvo bekommt das momentan ähnlich gut hin. Da Distronic Plus auch aus dem Stand anfahren kann, eignet es sich besonders für Staus oder zähfließenden Verkehr, der Lenkassistent kann in diesen Fällen nämlich auch bei niedrigen Geschwindigkeiten ein hohes Lenkmoment aufbringen und enge kurven autonom fahren – andere moderne Systeme wie z.B. im Audi A3 sind hier noch nicht so weit.

Für das gute Funktionieren des teilautonomen Fahrens auch ohne sichtbare Fahrbahnmarkierungen ist auch die vorne in der Frontscheibe verbaute Stereokamera verantwortlich. Sie entscheidet intelligent, ob sie sich an den Fahrspuren oder am vorausfahrenden Auto orientiert (bis 60 km/h) und kann Objekte in ihrer räumlichen Umgebung zur Auswertung darstellen. Durch diese moderne Sensorik ist es z.B. auch möglich, ein unerlaubtes Rechtsüberholen zu verhindern, indem Distronic Plus die Geschwindigkeit entsprechend einregelt und Rechtsüberholen nur bei einer Differenzgeschwindigkeit bis 20 km/h im Stauverkehr erlaubt. Außerdem verfügbar sind ein Totwinkel- und Notbremsassistent. (Collission Prevention Assist bis 250 km/h) “Pre-Safe Plus” kann ähnlich zu Audis Presense auch Präventivmaßnahmen für einen drohenden Heckaufprall, z.B. das Festbremsen, einleiten.

LED-Intelligent Light System

e klasse scheinwerfer tagfahrlicht

Mehr als hilfreich bei Dunkelheit ist das Intelligent Light System, das über die Funktionalität eines normalen Fernlichtassistenten weit hinausgeht: Bei entgegenkommenden Fahrzeugen wird die maximale (LED-) Lichtleistung, bzw. das Fernlicht, nicht einfach ausgeschaltet sondern der Lichtkegel mit sehr weichen Übergängen vom Gegenverkehr “weggeschwenkt”. Auch für verschiedene Geschwindigkeiten, Straßenformen oder Witterungsverhältnisse hat das Lichtsystem immer die passende Ausleuchtung parat. Eine absolut dunkle Landstraße kann man nicht angenehmer befahren.

Nahezu perfekte Vogelperspektive

360_Grad_Ansicht_in_der_E-Klasse__bersichtlicher_parken_geht_kaum.Die optionale “360 Grad Kamera” stellt mithilfe von 4 Kameras (Front, Heck, unter den Außenspiegeln) das Fahrzeug aus der Vogelperspektive dar. Auch auf andere Ansichten (z.B. “nur Kamera seitlich links”) kann gewechselt werden, was ungemein praktisch beim Parken an schlecht einsehbaren Bordsteinen ist. Im Gegensatz zum Around View Monitor im Infiniti QX70 arbeitet das System von Mercedes deutlich präziser und stitcht das Bild absolut fehlerfrei zusammen. Auch bei Nässe oder Dunkelheit gibt es keine gravierenden Einschränkungen. Eine “herkömmliche” Park Distance Control ergänzt das Kamerasystem um optische und akustische Abstandsinformationen.

Selten habe ich Langstrecken derart komfortabel, gut assistiert und effizient zurückgelegt wie mit der E-Klasse 300 BlueTEC Hybrid. Für den Käufer ist aber sicherlich auch der E250 eine Überlegung wert: In ihm ist der gleiche 204-PS Diesel wie in der E Klasse Hybrid verbaut, nur eben ohne Elektromotor. Sein Verbrauch liegt nicht wesentlich über der Hybridversion, die Anschaffung ist deutlich günstiger. Die stärken des E300 Bluetec Hybrid liegen ganz klar im Stadtverkehr und dem angenehmen, lautlosen Fortbewegen bei langsamen Geschwindigkeiten. Typisch für ein solches Hybridfahrzeug ist, dass man das maximale Sparpotenzial nur bei konsequent angemessener Fahrweise erreicht.

Mehr zur E Klasse Bluetec Hybrid im Alltagsverkehr gibts auf blog.mercedes-benz-passion.com.

Mercedes Benz E300 BlueTEC HYBRID Limousine

[column grid=”2″ span=”1″] Leistung: 150 kW + 20 kW (204 PS + 27 PS)
Max. Drehmoment: 500 Nm +250 Nm
Getriebe: 7G-Tronic Plus Automatikgetriebe
0-100 km/h: 7,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 242 km/h
Leergewicht: 1.955 Kg
Verbrauch angegeben: 4,1 Liter / 100 Km (Kombiniert)
Verbrauch berechnet: 6,5 Liter / 100 Km (Kombiniert)
[/column]

[column grid=”2″ span=”1″] Gefahrene Kilometer: 2.000
Kofferraumvolumen: 505 L
Lackierung: Diamantsilber Metallic
Grundpreis: 52.449
Testwagenpreis: 75.713 EUR
Sonderausstattung (Auszug): Designlinie Avantgarde, Fahrassistenzpaket Plus, Park Paket, LED Intelligent Light System, Comand Online, Sitzklimatisierung vorne, Verkehrszeichenassistent.
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Über den Autor

Matthias Luft

Autor Matthias Luft faszinieren effiziente Motoren, moderne Designs und die neusten Fahrerassistenzsysteme.

2 Kommentare

  • Mich fasziniert die hohe Ingenieursleistung die in diesem Fahrzeug steckt. Habe mir im August 2016 einen E300 Hybrid EZ 2015 gekauft. Ich lege fast täglich eine Strecke von 75 km mit Stadt, Landstrasse und Autobahn zurück. Über 10 000 km ist liegt mein Durchschnittsverbrauch bei 5,3 l. Da staunt sogar mein MB-Partner. Wie man allerdings 4,1 l Verbrauch erreichen soll müsste mir mal ein Testfahrer vom MB zeigen :-)). In Summe kann ich diesen Test nur bestätigen, super Fahrzeug, gute Ausstattung, und die aus meiner Sicht am besten funktionierende Assistenzsysteme am Markt.

  • @Volker Hettmannsperger
    Freut mich, dass Sie mit Ihrer E-Klasse so zufrieden sind. Ich hätte mir ja auch fast wieder einen neuen E gekauft, dann aber kurz vo der Unterschrift eine Probefahrt mit einem Tesla Model S gemacht.

    Tja, jetzt bin ich hoch zufrieden mit meinem ersten amerikanischen Auto. Aber auch ziemlich enttäuscht darüber, dass aus dem Hause Daimler keine Tesla-Alternative zu haben ist – ein sehr schwaches Bild für den Erfinder des Automobils.

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